Mitten in Oberding:Brüten über der Fassade

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Die Angst vor brütenden Vögeln treibt die Gemeinderäte um. Eigentlich seltsam, in Notzing sind Naturerfahrungen doch so wichtig

Kolumne von Regina Bluhme

Eine interessante Geschichte gibt es aus der sächsischen Stadt Schwarzenberg zu erzählen. Dort hat sich ein Turmfalkenpaar als Nistplatz ausgerechnet einen Blumenkasten an einem Plattenbau ausgesucht. Drei Vogelbabys kann Familie Meyer jetzt vor ihrem Schlafzimmerfenster beobachten. Fernsehsender und Zeitungen berichten ausführlich darüber, und die Bilder des niedlichen Raubvogelnachwuchses kursieren natürlich auch im Internet. Alle sind ganz aus dem Häuschen. Die Freude über den ungewöhnlichen Brutplatz bringt uns flugs zurück in heimische Gefilde nach Oberding. Dort beschäftigt die Holzfassade der künftigen Grund- und Mittelschule seit mehreren Sitzungen den Gemeinderat. Nicht wenige Mitglieder des Gremiums treibt die Angst um, dass Vögel in den Aussparungen der hölzernen Fassade ihr Nest bauen könnten. "Da kriegen wir eine schöne Spatzenzucht zusammen", prophezeite Georg Stemmer (CSU) in der jüngsten Sitzung nicht zum ersten Mal. Und wie zuvor erklärte Architekt Arthur Schankula, dass auf Fassaden, die sein Büro anderenorts in gleicher Weise gestaltet habe, noch nie Vögel genistet hätten. Er sehe schon "die Rotschwanzl nisten", lautete dessen ungeachtet der Kommentar des Dritten Bürgermeister Franz Schweiger (CSU). Mit zwölf zu acht Stimmen entschieden sich die Gemeinderäte für eine geschlossene Holzfassade, eine Verschalung an der Rückseite soll die Vögel vom Nestbau abhalten.

Dabei hätte so ein Vogelnest an einer Schulwand doch auch etwas Positives - als lebendiges Anschauungsmaterial für die heimische Fauna. Die Oberdinger Schüler müssten dann nicht extra zum geplanten und umstrittenen Naturlehrpfad an den Notzinger Weiher latschen, der für die örtlichen Naturschützer ohnehin den Vogel abschießt. Demnächst will der Oberdinger Gemeinderat erneut über die Fassade beraten. Eins sollte die Räte beruhigen: Blumenkästen vor den Fenstern sind in der Planung nicht vorgesehen.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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