Mitten in Erding:Wildwuchs bevorzugt

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Das Killen von Gänseblümchen war noch nie in Mode. Jetzt bekommt aber nicht nur Bellis perennis immer mehr Fürsprecher

Kolumne von Antonia Steiger

Die Nachbarn sind noch gut in Erinnerung: Den ganzen Sommer sah man sie über ihren schönen grünen Rasen krabbeln und Gänseblümchen ausstechen. "Gänseblümchenmörder" nannten wir sie. Wie mag es ihnen heute gehen? Mit makellos grünen Rasenflächen kann man heute nicht mehr angeben. Selbst das einfache Rasenmähen ist schwer in Verruf geraten, seit Jan Haft uns erklärt hat, dass bis Juni alles stehen bleiben soll, weil eine Vielzahl von kleinsten Lebewesen die Wiese zum Überleben braucht. Ganz nebenbei: Das Killen von Gänseblümchen war noch nie in Mode. Was man gegen die netten Pflänzchen mit ihren weiß-gelben Blüten haben kann, das wissen nur die Gänseblümchenmörder alleine. Der botanische Name des Gänseblümchens lautet übrigens vielsagend Bellis perennis, die ausdauernde Schöne. Sie blüht von März bis November. Widerstand ist ohnehin zwecklos gegen das Tausendschönchen, die Himmelsblume und das Sonnenblümchen, wie es auch noch genannt wird.

Neuerdings bekommt der Wildwuchs immer mehr Fürsprecher, und das ist gut so. Nicht nur Privatleute sollen ihren Rasen stehen lassen, auch Kommunen sind aufgefordert, wachsen zu lassen, was wachsen will. Aktuell bittet der Kreisjagdverband Erding darum, auf aufgeräumte Flächen in verkehrsberuhigten Flächen zu verzichten. Das an Ordnung gewohnte Auge muss sich daran natürlich erst noch gewöhnen. Wer in der Arbeit schnell gegen jede Form von Wildwuchs auf dem Schreibtisch vorgeht, stört sich eventuell an ungemähten Wegesrändern oder Uferbereichen. Und deswegen mahnt der Kreisjagdverbandsvorsitzende Thomas Schreder auch gleich ein Umdenken der Bürger an. Was möglicherweise ungepflegt aussehe, sei wertvoller Lebensraum in einer "zersiedelten und versiegelten Landschaft", schreibt er. Schmetterlingsraupen brauchen Brennnesseln und Libellenlarven Pflanzenteile, die ins Wasser hängen, damit sie aus dem Wasser klettern können. Andernfalls ersaufen sie womöglich.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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