Mitten in Erding:Weihnachten steht vor der Tür

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Die Stadt Erding sucht schon jetzt einen Christbaum. Das vorausschauende Denken kann Ansporn für alle andern sein

Kolumne Von Gerhard Wilhelm

Angesichts einer der jüngsten Pressemitteilungen der Erdinger Stadtverwaltung würde Franz Beckenbauer nur ein Satz einfallen: "Ja, ist denn scho' Weihnachten?". Die Stadt sucht nämlich seit vergangener Woche einen Christbaum. Was eigentlich im Juli logisch ist, weil ja am 1. Juli die zweite Jahreshälfte beginnt und die heißt Weihnachten. Kommt bekanntlich gleich nach Ostern. Das Rathaus hat das auch erkannt und seine frühzeitige Suche so begründet: "Weil Weitsicht zu den charakteristischen Eigenschaften der Stadtverwaltung Erding zählt und sich Weihnachten trotz der sommerlichen Wärme in etwa fünf Monaten abzeichnet".

"Bei dem Baum sollte es sich um eine Tanne handeln, die zwischen 12 und 15 Meter groß und gerade gewachsen ist. Außerdem sollte man den Baum mit schwerem Gerät gut erreichen können. Ansprechpartner sind alle, die beim Baden, im Liegestuhl oder im Biergarten mit dem Gedanken spielen, einen Baum kostenlos zur Verfügung zu stellen." Klar, wer bei 30 Grad in der Sonne bruzzelt oder sich eine Mass Bier unter Kastanienbäumen gönnt, der denkt permanent an Weihnachten, an Kühle und Glühwein.

Das Startsignal aus Erding wird wie ein in den Teich geworfener Stein Wellen auslösen - für manche sogar einen Tsunami. Die einen verfallen sofort in Schockstarre: Weihnachten? Nur noch fünf Monate? Ich hab noch gar kein Geschenk!! Und was noch schlimmer ist: ich hab mir überhaupt noch keine Gedanken über Weihnachten gemacht.

Andere hingegen werden jetzt schon beim Gedanken an Lebkuchen, Spekulatius und Dominosteine zwei Kilogramm zunehmen und in den nächsten Supermarkt rennen, um sich rechtzeitig mit allen Köstlichkeiten, die Weihnachten bietet, einzudecken. Auch an die diesmal rechtzeitige Bestellung der Gans wird durch den Weckruf der Stadtverwaltung gedacht werden.

Die Weitsicht des Erdinger Rathauses kann man deshalb nur loben: durch den Hinweis hat man endlich mal keinen Stress kurz vor dem 24. Dezember, man hat von heute an exakt fünf Monate Zeit, um alles auf die Reihe zu bringen. Aber wenn man so viel Zeit hat, kann man sich ja noch ein bisserl Zeit lassen. Es reicht bestimmt, wenn man im Herbst anfängt. Nur vergessen sollte man es nicht. Vielleicht findet sich ja bald ein edler Christbaumspender. Dann könnte der bereits jetzt aufgestellte Baum sozusagen als Mahnmal für das sich nähernde Weihnachten dienen - damit keiner bei 30 Grad Celsius oder einer Mass Bier das nahende Fest vergisst.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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