Mitten in Erding:Was schief gehen kann, geht schief

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Es gibt Tage, da weiß man schon nach wenigen Minuten, dass pünklich in der Arbeit sein Wunschdenken ist

Von Gerhard Wilhelm

Kennen Sie Murphy? Den "Entdecker" des nach ihm benannten Gesetzes, wonach alles, was schiefgehen kann, auch schiefgehen wird? Eine Lebensweisheit, die jeder in seinem Leben schon mal am eigenen Leib erfahren hat - meistens dann, wenn man eigentlich gerne darauf verzichten könnte.

Zum Beispiel am Morgen, wenn die Zeit bis zur Arbeit eh immer knapp bemessen ist. Erst trödelt man, dann ist plötzlich die kostbare Zeit weg und es heißt: beeilen! Rein ins Auto, raus aus der Garage und ab zur Arbeit auf dem kürzesten und schnellsten Weg. Es darf nur nichts schief gehen, dann klappt es noch mit der Pünktlichkeit.

Doch bereits nach rund 300 Meter weiß man: Es ist Montag, und was schief gehen kann, geht schief. Beim Abbiegen auf die Hauptstraße nach Erding wird man abrupt von einer Straßensperrung ausgebremst. Das gesperrte Stück ist nur knapp zehn Meter lang - aber unüberwindlich. Also wird umgedreht und über die angezeigte Umleitung gefahren.

Auf der Hauptstrecke stößt man auf sehr viele andere Autofahrer, sehr langsam fahrende Autofahrer. Ach ja, die B 388 ist gesperrt und der Verkehr wird umgeleitet, dämmert einem. Und die Zeit tickt unermüdlich. Der Grund für die Schleichfahrt wird wenig später erkennbar: Für einige Rennradfahrer ist die Benutzung des parallel laufenden, breit ausgebauten Radwegs unter ihrer Würde. Dass sie damit aber den Berufsverkehr ausbremsen und dass manche Autofahrer in ihrer Verzweiflung nur mit Tempo 30 auf der Landstraße fahren können, dann wegen des Gegenverkehrs sehr, sehr knapp und damit gefährlich überholen - geschenkt.

Aber Murphy wäre nicht Murphy, wenn er nicht noch was auf Lager hätte: neuzeitliche legalisierte Raubritter, die "Radarfallen" benutzen, um Bürger, die ihren Pferden unter der Motorhaube zu sehr die Zügel geben, zur Kasse zu bitten. Im Ort machen das die örtlichen Sheriffs (auch kommunale Verkehrsüberwachung genannt), außerhalb die Marshalls, die Polizei. Als "Einheimischer" weiß man ja, wo die Geräte stehen, aber Auswärtige leiten beim Anblick gerne spontan eine kleine Vollbremsung ein, was eine Kettenreaktion zur Folge hat, die dazu führt, dass der Verkehr ein paar Fahrzeuge weiter hinten zum Erliegen kommt. Das Ziel am Montag pünktlich in die Arbeit zu kommen, ist mittlerweile so weit entfernt wie eine bemannte Marslandung.

Resigniert ergibt man sich seinem Schicksal, zu spät in die Arbeit zu kommen. Murphy eben. War ja klar. Gesenkten Kopfes und voller Demut geht man auf die Eingangstür zu - und begrüßt die Kollegen, die auch erst jetzt ankommen.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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