Mitten in Erding:Tag des Maibaums

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Der Tag der Arbeit ist ein Feiertag - nicht nur in Bayern. Hier pflegt man aber auch noch eine andere Tradition, und die ist viel älter

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Für viele ist der 1. Mai traditionell der Tag der Arbeit, an dem die Gewerkschaften auf die Rechte der Arbeitnehmer hinweisen und demonstrieren. Und das Wichtigste an dem Tag: Man muss eben nicht arbeiten, der 1. Mai ist ein Feiertag. Bundesweit und ausnahmsweise nicht nur in Bayern.

Aber selbst wenn es den Tag der Arbeit nicht geben würde, wäre der 1. Mai in Bayern ein Feiertag. Denn da muss der Maibaum aufgestellt werden. Und der Brauch ist a) schon Jahrhunderte älter, b) wichtiger und c) eine Gaudi für jedermann - egal ob Arbeiter oder nicht. Gut, mit der katholischen Kirche und Söders Kreuzen hat das Brauchtum wohl nichts zu tun, eher mit Waldgottheiten, denen die Germanen in verschiedenen Baumriten huldigten. König Ludwig I. segnete dann aber 1827 in einer sittenpolizeilichen Verordnung das Stangerlaufstellen ab, da es sich um "an sich unschädliche und wohl zu gönnende Vergnügungen" des Landvolkes handele.

Und damit gehört der 1. Mai in Bayern eigentlich Tag des Maibaums genannt, da Tradition in Bayern immer vor der Politik kommt. Was man auch im übrigen daran sehen kann, dass im Landkreis zwar etliche Maibäume in den Orten aufgestellt werden, der DGB aber nicht zu großen Demonstration in Erding oder Dorfen einlädt, sondern ins Hotel Henry.

Mit dem Maibaumaufstellen ist auch noch ein anderer Brauch verknüpft: der legalisierten Diebstahl. Nein, die Polizei hat nicht kurzfristig alle Augen geschlossen für Diebe jeglicher Art. Banden aus anliegenden Ländern können daheim bleiben. Es geht um den "Raub" des hölzernen Stangerls durch Burschen und auch Mädel aus anderen Ortschaften. Ursprünglich sollte mit diesem nächtlichen "Raubzug" den Bestohlenen eine ordentliche Brotzeit samt einem Fass Bier abgenötigt werden. Leider verstehen immer weniger diesen Spaß, und schon so mancher Diebstahl landete daher vor Gericht. Dabei ist die Sache doch eigentlich eher peinlich für die Bestohlenen. Wer es nicht schafft, wenigstens ein paar Tage auf sein Holzstangerl aufzupassen, der sollte stillschweigend die Auslöse zahlen - und sich nicht noch mal zum Deppen machen.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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