Mitten in Erding:Sammelfreudige Ungarn

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Ein kleiner Zettel, der im Briefkasten gelandet ist, gibt Rätsel auf.

Von Gerhard Wilhelm

Sammlungen für den guten Zweck sind ja im Prinzip nichts Schlechtes. Was für manchen nur noch Trödel ist und irgendwann auf dem Sperrmüll landet, kann ein anderer noch gut gebrauchen. Zum Beispiel jene ungarische Großfamilie, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, alles einzusammeln, was im Durchschnittshaushalt im Wege rum steht. Der Bedarf dieser Familie scheint unendlich zu sein - die Familienmitglieder wohl unzählbar - denn die Zettel, auf denen geschrieben steht, dass "eine ungarische Familie eine Sammlung organiziert" und dass sie alles nimmt, was wir nicht mehr brauchen, die landen schon seit Jahren immer wieder im Briefkasten.

Doch es könnte sein, dass die Familie, die keiner kennt, beim Einsammlen Besuch von der Polizei bekommt, denn so ganz legal ist so was nicht, denn angemeldet bei der Gemeinde sind die Sammlungen nie. "Wenn wir Leute beim Einwerfen der Zettel in die Briefkästen erwischen, weisen wir sie darauf hin. Zu dem Zeitpunkt ist ja noch kein Schaden entstanden", sagt Bodo Urban, stellvertretender Polizei-Inspektionsleiter in Erding. Wer glaubt, die würden tatsächlich alles mitnehmen, der irre sich eh. "Die Leute sind sehr wählerisch", sagt der Polizeichef. Wie die Beamten, die am Sammeltag die Ungarn, die derzeit im Landkreis Erding zu sein scheint, näher kennen wollen.

Dabei kann so eine ungarische Familien, die im Auftrag des "International Second Hand Service" unterwegs ist, offenbar sehr viel gebrauchen. Rutschen, Schaukeln, dazu Mischmaschinen, Türen, Fenster bis hin zu kompletten Öfen mit Kamin und Bastelei Maschine (auch defekt). "Wir nehmen alles was sie nicht brauchen. Wir transportieren Ihr Auto kostenlos, das außer Verkehr gesetzt wurde!!!" Ach ja, fast alles. "Bitte keine Sperrmüll oder Abfall!" Gut. Verstehen wir. Wollen wir ja auch nicht.

Doch beim Lesen kommt so manche Irritation auf. Man hätte auch gerne "Kolter", steht da geschrieben. Zum Glück gibt es ja die unendlichen Weiten des Internets, in denen alles steht. Das Wörterbuch Ungarisch-Deutsch steht nämlich nicht im eigenen Haushalt. Und das Internet verrät einem, dass ein Kolter eine Decke ist, kann aber auch Teil eines Pfluges sein. Auch "Iplattefelge" wird gerne angenommen. Jetzt stößt auch das Internet an seine Grenzen, und man findet nur andere hilfsbereite Menschen, die auch nach einer Iplattefelge für die Ungarn suchen. Und wo wir gerade dabei sind, alles zusammen zu suchen: Vielleicht haben Sie ja eine "Moped mit Cross Moped", oder "Zapfen" (Tannenzapfen hätte ich), eine "Schi latte", "Luster" oder "Waduhr"? Kann auch ein "Kabelstück" oder "Säurefest" sein. Nicht? Den früher gesuchten "Gastfreund", wahlweise auch "Kaffeemaschine mit Gastfreund (auch defekt)" haben sie offenbar schon. Hat wohl doch einer einen von der letzten Party übrig geblieben Gast herausgerückt. Irgendwann hört auch bei Gästen, die gar nicht mehr gehen wollen, die Freundschaft auf.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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