Mitten in Erding:Ohne Altersbeschränkung

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Cyberspace in der Langen Zeile - oder umgekehrt?

Von Gerhard Wilhelm

Handys sind eine geniale Erfindung. Gedacht, um überall mit anderen Menschen kommunizieren zu können. Kommunizieren! Reden! Und wie schaut's aus in der Realität? Bei einer Fahrt mit der S-Bahn morgens zeigt sich eine Schar von Autisten, die in kleine Geräte starren oder auf ihnen rumtippen. Wer liest schon noch ein Buch? So ein altmodisches mit richtigen Seiten aus Papier zum Umblättern und nicht zum Wischen. Oder sogar Zeitung? Zugegeben, die erfordert im Zug schon ein bisserl Geschick beim Umblättern, in dem Fall würden wir sogar eine digitale Ausgabe zulassen.

Seitdem man mit den Mobiltelefonen aber nicht nur eben mal nach Hause telefonieren kann, sondern sie richtige kleine Computer geworden sind, auch Smartphones genannt, ist die Kommunikation mit anderen - Menschen genannt - noch unwichtiger geworden, und die Nutzer sind gefährlicher. Letzteres hat schon jeder mal erlebt, der an einem ganz normalen Tag durch die Lange Zeile in Erding geht. Immer mehr Menschen sind auf ihr Handy fixiert und laufen blind für ihre Umwelt umher, gefangen in einer anderen Welt. Zum Glück gibt es noch ein paar ewig Gestrige, die real leben und nicht im Cyberspace. So richtig zum Problem sind seit einiger Zeit die sogenannten Pokemon-Jäger geworden. So sehr, dass schon die Bundeswehr davor gewarnt hat, doch bitte die reale Welt bei der Jagd nach virtuellen Monstern nicht aus den Augen zu verlieren. Anlass waren drei jungen Leute, die bei ihrem Pokémon-Go-Spiel im Wald unabsichtlich mitten in eine Schießübung mit scharfen Waffen hineingestolpert sind. Passiert ist zum Glück nichts. Auch im Erdinger Stadtpark wurden schon viele "Entrückte" gesichtet. Ihre Zahl hat sich sogar wieder erhöht, weil es zu Halloween noch mehr dieser Gespenster zu fangen gibt. Aber nicht nur die Jugend ist gefährdet. Zunehmend gehen auch Senioren mit der Zeit, wie jüngst in der Innenstadt zu sehen war. Der rüstige Rentner im Alter von etwa 70 Jahren verhielt sich genauso wie die Kids von heute: Den Blick fixiert auf sein Handy, kam er Schritt für Schritt näher, um im letzten Moment den Gegenverkehr zu bemerken. Er reagierte sofort: "Entschuldigung. SMS." Immerhin keine Monster.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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