Mitten in Erding:Manches ändert sich nie

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Es wird geklagt über fehlendes ehrenamtliches Engagement - und trotzdem funktionieren Sportvereine prächtig

Von Antonia Steiger

Dass es Sportvereine wie den TSV Erding noch gibt, das ist eigentlich eine Sensation. Die Bedingungen, unter denen die Vereinsführung arbeitet, sind schlecht: Es gibt immer weniger Menschen, die sich zu einem ehrenamtlichen Engagement aufschwingen können. Und dann die Eltern: Fahren ihre Kinder vor die Hallentür, und das war's dann. Auch am Freitag schlug der scheidende Präsident Günter Weidenhammer solche Töne an. Bittschön, ein bisschen mehr Engagement, das wär schon wünschenswert.

Das hört sich irgendwie bekannt an. Schon vor Jahrzehnten klagte Weidenhammer darüber, dass sich immer weniger Leute finden, die mal ein Training leiten. Und dann die Eltern: Fahren ihre Kinder zum Sportplatz, und das war's dann aber auch schon. So geht's ja nun wirklich nicht.

Und trotzdem: Der Verein ist erfolgreich. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Statt 13 Abteilungen wie zu Weidenhammers Amtsantritt hat der TSV Erding jetzt 21 Abteilungen. Er hat mehr als 2700 Mitglieder, mehr als die Hälfte sind Jugendliche. Und um die muss sich ja irgendwer kümmern, sonst kämen sie nicht immer wieder.

Offenbar gehört es zu den Aufgaben von ehrenamtlichen Funktionären, mit mahnenden Worten auf die Mitglieder einwirken, nur ja nicht nachzulassen in ihrem Eifer. Unerquicklich für Redner wie für Zuhörer. Die Appelle hören sowieso nur diejenigen, die sich auf Jahreshauptversammlungen blicken lassen. Auf Veranstaltungen, bei denen Männer reden, die ihre Affinität zum Sport nach außen geschickt zu verbergen wissen. Sie spulen ihre Argumente ab, wie das sonst nur Politiker wie Landrat Martin Bayerstorfer vermögen, der in guten Zeiten mehrmals in der Woche bei Bürgerversammlungen über Landkreispolitik zu reden hat: Bildung, Abfallwirtschaft, Krankenhaus, Sozialausgaben, Jugendhilfe - über solche Sachen referiert Bayerstorfer aus dem Stegreif in beliebiger Länge, wenn es sein muss - und auch wenn es nicht sein muss.

Das Positive zum Schluss: Es gibt den TSV Erding nicht nur immer noch, er ist sogar so vital, dass er aus den eigenen Reihen einen Nachfolger für Weidenhammer hervorzubringen imstande war. Ob auch bei Thomas Zahn der Appell an die Mitglieder zu den Basiselementen einer jeden Rede gehören wird, bleibt abzuwarten. Vorläufig orientiert er sich rhetorisch an OB Max Gotz (CSU): "Gibt es noch Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall." Eine tausendfach gehörter Satz aus dem Stadtrat.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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