Mitten in Erding:Kann das alles weg?

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Das Denkmalamt ist eine gefürchtete Behörde, deren Entscheidungen nicht immer nachvollziehbar sind. Aber beim Fliegerhorst zeigt es sich gnädig.

Glosse von Antonia Steiger

Das Denkmalamt ist eine gefürchtete Behörde, deren Entscheidungen nicht immer nachvollziehbar sind. Zum Beispiel die Anweisung an die Stadt Erding, bei der Sanierung des Hauses Am Rätschenbach 12 die ollen Dachbalken zu erhalten. Um den Brandschutz zu gewährleisten, musste das Dach mitsamt Balken angehoben werden, eine kostspielige Angelegenheit. Den Balken gibt es angeblich noch, nur sieht man ihn nicht, er ist unter der Decke verschwunden. Jetzt hat sich die Denkmalbehörde wieder zu Wort gemeldet, um ihre Meinung zum Fliegerhorstareal abzugeben. Was ist erhaltenswert? Was muss stehen bleiben? Keine unwichtigen Fragen, bevor der städtebauliche Wettbewerb für die nachmilitärische Nutzung startet.

Sicher haben die Denkmalschützer jeden Stein aufgeklaubt, jedes Mäuerchen abgeklopft und jeden Schuppen begutachtet. Sie haben die historischen Dimensionen abgewogen und kamen zu dem Ergebnis: Kann alles weg. Nicht nur weil die Gebäude vollständig modernisiert seien, was einem gar nicht aufgefallen wäre. Sondern auch weil der Standort im Vergleich zu anderen aus der Zeit des Nationalsozialismus deutlich zurückfalle. Eine Wertung der Denkmalbehörde, mit der es sich ausnahmsweise gut leben lässt, auch wenn die Erdinger selbst an ihrem Fliegerhorst hängen.

Sie weinen nicht den Fliegern in der Luft hinterher, wie sie über die Stadt gedonnert sind, aber den Soldaten, die zum Stadtbild gehörten, den Arbeitsplätzen, der Ausbildungswerkstatt, den Tagen der offenen Tür, wenn man die Flieger sogar anfassen durfte, und dem sozialen Engagement der Bundeswehr. Der Abschied in Raten tut manchem Bürger schon ein bisschen weh, deswegen könnte man dem Denkmalamt direkt ein bisschen böse sein. Weil das Gutachten aber natürlich auch kein Befehl zum Abriss ist, wird die Stadt laut OB Gotz das Casino und die Fliegerhorst-Kirche wohl doch erhalten. Zur Erinnerung an alte Zeiten.

© SZ vom 30.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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