Mitten in Erding:Im Dienst der Wissenschaft

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Primaten halten keinen Winterschlaf? Stimmt nicht ganz. Evolutionsbiologen machen uns jetzt wieder Hoffnung

Von THOMAS DALLER

So, jetzt ist nicht mehr lange hin und dann kommt der Tag, auf den wir in der kalten Jahreszeit immer hinfiebern. Nein, nicht Weihnachten ist gemeint, sondern der 21. Dezember, Wintersonnwende: Danach werden die Tage endlich wieder länger und die Nächte kürzer. Dann sind wir sozusagen außenbeleuchtungsmäßig übern Berg, und es geht theoretisch schon auf das Frühjahr zu. Nichts gegen den Winter an sich, aber dann gescheit, mit einem Haufen Schnee und klirrend kalten Tagen und ein bisserl Sonnenschein. Aber die Winter der vergangenen Jahre waren ja eher für die Katz. Erst letzte Woche haben in Erding noch Kornblumen am Straßenrand geblüht; in unserer Kindheit gab's um diese Zeit nur Schneeblumen am Fenster, und draußen sind wir bis zum Kinn im Schneehaufen versunken. Naja, eigentlich kein Kunststück, damals waren wir auch nur eine Faust höher als ein Saustalltürl.

Also eigentlich versäumt man in solchen Wintern nichts, außer vielleicht den leckeren Rehschlegel zu Weihnachten und ein anständiges Geböllere zusammen mit den Kindern an Silvester. Von daher haben wir schon öfter mal mit dem Gedanken gespielt, wie es wäre, wenn man als Mensch auch Winterschlaf halten könnte. Sich im Herbst nochmal dick und rund zu fressen, dann in die Höhle zurückziehen und im Frühjahr wieder rauskommen, wenn es warm wird. Einfach Energiesparmodus an und durchratzen. Weckts uns auf, wenn die Straßencafés die Tische wieder rausstellen. Leider ist der Mensch aber evolutionsbiologisch noch nicht so weit, dass er sich im Winter die erforderliche Ruhe gönnen würde.

Hoffnung macht uns nun aber die Forschung, die den ersten Fund einer winterschlafenden Primatenart außerhalb von Madagaskar gemacht hat: Zwerloris heißen die beneidenswerten Viecher. Sie können bis zu 63 Stunden am Stück pennen - immerhin ein Anfang. Möglicherweise sei der Winterschlaf als Überwinterungsstrategie bei anderen Primaten in Afrika, Asien und Amerika im Lauf der Zeit nur verloren gegangen, vermutet die Universität Wien, die sich mit den Zwergloris näher befasst hat. Das müssen wir unbedingt mal ausprobieren. Übernächste Woche haben wir ein paar Tage Urlaub. Da stellen wir den Wecker auf Zwerglori und uns in den Dienst der Wissenschaft. Dann entgehen uns zwar die Weihnachtsspielfilme im Fernsehen - aber Stirb langsam I und II haben wir eh schon ein paar mal gesehen.

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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