Mitten in Erding:Hausgemachtes Problem

Lesezeit: 1 min

Vor der Eisdiele ist es mittlerweile wie beim Asiaten: Die Auswahl ist enorm, die Entscheidung fällt schwer. Und dann ist am Ende die Überraschung doch nicht so groß wie gedacht

Von Gerhard Wilhelm

Wenn die Temperaturen in der Sonne die 20-Grad-Grenze überschreiten, dann wird nicht nur die Kleidung luftiger, die Radler auf der Straße häufiger, sondern auch die Schlange vor den Eisdielen länger. Letzteres hängt natürlich damit zusammen, dass Eis umso besser schmeckt (und kühlt), je heißer es ist. Es ist aber auch ein menschengemachtes Problem. Früher stand man am Eisstand, und die Qual der Wahl war gering: Es gab Vanille, Schoko, Zitrone und vielleicht noch Bananen- und Erdbeereis. Wer kennt den Bananensplit aus früheren Jahren nicht?

Heute kommt man sich in vielen Eisdielen ein bisserl wie beim Asiaten vor. Nehmen wir heute die Nummer 23 oder doch wieder 78? Aber 34 liest sich auch gut. Das Studium der Speisekarte kann manchmal genauso lange dauern wie das anschließende Verputzen von Nr. 34. Aber während im Lokal mehrere Gerichte parallel brutzeln, wird in den Eisdielen meistens ein Kunde nach dem anderen bedient. Und wehe, einer ist so entschlussfreudig wie sonst beim Asiaten.

Und da sind wir beim Problem: Die Zahl der Eissorten ist heute unüberschaubar, jedes Jahr werden neue kreiert. Wie schmeckt Engelblau? Was verbirgt sich hinter der Eissorte Amadeus Dream? Unter After Eight, Grüner Apfel und Erdnuss-Snickers mag man sich ja noch was vorstellen - geschmacksmäßig. Alleine das Rätseln darüber, wie Engelblau wohl schmecken mag, kostet Zeit. Zeit, die diejenigen weiter hinten in der Schlange, eventuell in der Sonne bratend, nicht haben. Das Beste, was man zaudernden Kunden zugute halten könnte, ist, dass sie einem Zeit geben, die eigene Entscheidung noch ein paar Mal zu revidieren, bis man dran ist.

Letztlich siegt dann doch die Neugier und man entscheidet sich, Engelblau zumindest eine Chance zu geben. Das Ergebnis: schmeckt ein bisserl wie Kaugummi. Und Recherchen ergeben: Alles schon mal da gewesen, nur hieß das Eis damals Schlumpfeis.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: