Mitten in Erding:Es lebe die Lebenskunst

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Askese neu interpretiert: Schalt das Handy aus!

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Das Katholisches Bildungswerk Erding lädt zum Vortrag "Entdecke den Lebenskünstler in dir!" Denn in jedem von uns schlummere ein Lebenskünstler, der nur darauf warte, von uns geweckt und ins Leben gerufen zu werden. Die Lebenskunst, lateinisch ars vivendi' verbinden die meisten von uns ja eher mit unbeschwertem Lebensgenuss. Schon die alten Griechen befassten sich mit der Frage der richtigen Lebensführung. Zentrale Begriffe waren damals Glück, Selbstsorge, Tugend und Askese.

Begriffe, mit denen heute fast keiner mehr was anfangen kann. Lebenskunst wird wohl am ehesten noch mit dem persönlichen Glück verbunden. Und da beginnt es schon: Was ist Glück? Der Millionengewinn im Lotto oder auch schon, wenn man vergessen hat, den Parkschein ins Auto zu legen und beim Zurückkommen feststellt, dass man kein Knöllchen bekommen hat? Auf jeden Fall dürfte in der heutigen schnelllebigen Zeit dazu gehören, dass man "mehr" Zeit hat. Für sich, für andere. Einfach mehr Zeit.

Und da kommen wir zu der Askese. Der Enthaltsamkeit. Der Grund, dass wir keine Zeit haben, liegt daran, dass heute immer alles schnell gehen muss. Man will immer am Puls der Zeit sein, aktuell und hat Angst, etwas zu verpassen. An ein Leben ohne ständige Erreichbarkeit können sich nur noch wenige erinnern. Als es noch keine E-Mails, kein Whatsapp und keine Mobiltelefone gab, sondern Telefone an denen Schnüre hingen und Briefe, die noch oft mit der Hand geschrieben wurden und die erst Tage später beim Empfänger ankamen. Eine Antwort konnte da schon mal eine Woche dauern.

Und heute? Schaut man alle paar Minuten ins E-Mail-Postfach oder aufs Handy, ob nicht eine neue Nachricht da ist, auf die man reagieren muss. Der Weg zum Lebenskünstler führt heute tatsächlich über die Askese, über den Verzicht. Ging doch früher auch und die Welt ging nicht unter. Also Handy aus, wann immer es geht, und E-Mails muss man auch nicht ständig am Computer checken. In diesem Sinne: der Autor ist auf nicht absehbarer Zeit nicht erreichbar. Es lebe die Askese! Und die Lebenskunst - man muss sich einfach nur trauen.

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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