Mitten in Erding:Eine Kur für den Weihnachtsmann

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In der Langen Zeile steht eine Gestalt, die ihre besten Tage schon hinter sich hat. Ob sie die gesamte Saison noch durchhält, ist ungewiss

Von Wolfgang Schmidt

Im Advent wird selbst der größte Grantler besinnlich oder zumindest etwas milder gestimmt. Dies gilt auch für den Zeitungsmenschen, der über manche Auswüchse hinwegsieht, die ihm von der staden Zeit so bescheret werden. Das fängt bei dem Schmuck von manchen Häusern an, der von umweltzerstörerischer Illuminierung bis hin zu aufblasbaren Rentieren im Garten davor reicht. Sei's drum: Die Süddeutsche Zeitung, zumal deren Erdinger Teil, ist allem und jedem gegenüber aufgeschlossen - das beweisen wir täglich, nicht nur zur Weihnachtszeit.

Die SZ ist aber auch meinungsbildend, damit werben wir völlig zu Recht. Und diese Eigenschaft ist mindestens genauso wichtig wie Toleranz. Also haben wir in der Redaktion eine kurze Umfrage zu den übelsten Entgleisungen gestartet. Das Ergebnis ist eindeutig: Der überflüssigste Adventszeitschnickschnack steht in der Langen Zeile in Erding. Ausgerechnet vor einem Beauty-Laden ist dort eine Art Weihnachtsmann angebunden, der inzwischen ziemlich heruntergekommen aussieht mit seinem Pflaster auf der lädierten Nase. Da hat wohl jemand kräftig zugelangt, weil der oder die es leid waren, sich im Vorbeigehen eine Schockversion von "We wish you a merry Christmas" anhören zu müssen. Die Lektion scheint gefruchtet zu haben. Inzwischen ist der Weihnachtsmann so kleinlaut geworden, dass man schon mit dem Ohr ganz nah an die Figur hingehen muss, um die mageren Tönchen hören zu können, die der einstige Straßenkrawallo noch vor ein paar Tagen voller Inbrunst aus sich herausgeprustet hat.

Bevor jemand auf falsche Gedanken kommt: Wir haben an den Weihnachtsmann nicht Hand angelegt, obwohl es uns beim Vorbeigehen das eine oder andere Mal ganz schön in den Fingern gejuckt hat. Wir wollen aber auch nicht verhehlen, dass der oder die Täter sich einer gewissen Sympathie unsererseits gewiss sein können. Fürsorglich, wie wir selbstredend auch sind, würden wir dem armen Kerl einen längeren Kuraufenthalt gönnen. Mindestens bis Ostern.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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