Mitten in Erding:Bewusster Verzicht statt Vergesslichkeit

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Wenn Valentinstag und Aschermittwoch aus das selbe Datum fallen, läßt sich das prima kombinieren

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Kaum ist der Fasching in seinen letzten Zügen, wird man schon von allen Seiten ermahnt, dass der Spaß jetzt vorbei ist und die Fastenzeit anbricht. Die Kaufmännische Krankenkasse nennt in einer Presse-Mail Fasten als die "Zeit für Körper und Seele". In sieben Wochen soll man neue Kraft und Energie tanken.

Und auf was man alles verzichten soll und einem vorgehalten wird: zu viel Kaffee am Morgen, süße Limonaden am Arbeitsplatz, deftige Schweineschnitzel in der Kantine und die "kleinen" Kalorienbomben nach Feierabend vor dem Fernseher. Es wird auch geraten das Rauchen oder Trinken zu vermeiden, oder bewusst auf das Smartphone oder Tablet zu verzichten und so weiter.

Zum Glück leben wir in einem Landkreis, in dem es noch Brauereien gibt, weshalb in der Fastenzeit gerne an den Spruch "Liquida non frangunt ieunum - Flüssiges bricht das Fasten nicht" erinnert wird. Und so mancher führt Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) als Alibi an. Diese schreibt mehrfach in ihrem Buch Ursache und Heilung (von Krankheiten): Cervisiam bibat - man trinke Bier. Sie empfahl Bier vor allem schwermütigen Menschen, weil Bier den Mut hebe und die Regeneration der Seelenkräfte fördere. Und deshalb haben erst die Mönche und später auch weniger Gläubige die Starkbierzeit eingeführt. Ungeachtet dessen, dass die Mönche ja nicht Bier tranken, um sich am Alkohol zu berauschen, sondern um Kalorien zu sich zu nehmen, denn die damals viel härtere Klosterarbeit und die umfangreichen Exerzitien gingen ja weiter. Chronisten berichten, dass es jedem Mönch zu der Zeit erlaubt war, fünf Liter Bier am Tag zu sich zu nehmen - der harten Arbeit geschuldet. Bei Starkbierfesten heute gibt es auch immer einige, die meinen, sie müssten den Mönchen von damals nacheifern.

In diesem Jahr könnte es aber auch ein paar Zeitgenossen geben, die den Beginn der Fastenzeit am heutigen Aschermittwoch vielleicht gerne als Ausrede für ihre Vergesslichkeit benutzen. Denn der Aschermittwoch fällt auf den 14. Februar, und der gilt als Valentinstag, der Tag der Liebenden. Entstanden ist als ein westlicher christlicher Festtag zu Ehren eines oder mehrerer früher Heiliger namens Valentin(us), die Floristik- und der Süßwarenindustrie übernahm ihn gerne im 20. Jahrhundert in Deutschland. Und wie kann man seine Bereitschaft zu verzichten besser zeigen, als dadurch, dass man bewusste beide Industrien heute links liegen lässt. Es müssen keine Rosen und Pralinen sein, um seinen Partner zu zeigen, dass man ihn liebt. Fasten als bewusster Verzicht auf Kommerz. Man muss es seinem Partner nur richtig verkaufen.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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