Mitten in Erding:Beautysalon statt Bücherlesen

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Hütte im Wald bauen, zum See radeln - und zwei Wochen Italien. So war das früher in den Sommerferien. Undenkbar für die heutige Jugend? Das Angebot ist auf jeden Fall vielfältiger

Von Gerhard Wilhelm

Als Oldie schaut man sich zurzeit so manche Pressemitteilung über die für die Schulkinder angebotenen Aktivitäten in den großen Ferien mit ebenso großen Augen an. Druckt man sich die Programme aus, werden schnell Wälzer mit 20 bis 30 Seiten daraus, und man fragt sich: Was haben wir früher in den Ferien gemacht? Meistens ist man mit den Eltern zwei Wochen in den Urlaub gefahren. Aber nicht mit dem Wohnmobil durch den amerikanischen Westen oder all inclusive mit Kinderpark in die Dominikanische Republik. Nein, Adria war angesagt oder mal Nordsee. Als Kind war das stets spannend. Fremdes Land, anderes Essen, Sonne, Meer. Und die restlichen Ferientage radelte man an den See, las Bücher bei schlechtem Wetter oder tobte mit Freunden durch die nahe Sandgrube und baute Hütten im Wald.

Wer durch die heutigen Ferienprogramme stöbert, denkt sich schnell: Mensch, wie haben wir früher nur die Ferien überstanden? Natürlich gibt es noch die Klassiker wie Zeltlager, Hüttenbau, das Deutsche Museum erkunden oder eine Schlauchbootfahrt, aber ansonsten gibt es alles, was man sich nur vorstellen kann - und darüber hinaus. Es gibt - um nur ein paar Beispiele zu erwähnen: Relax- und Beautysalons, eine Sprachreise nach Bexhill-on-Sea in England, Cocktailkurse (alkoholfrei!), "For Girls only! - Elektrobasteln mit den Funkern", es wird gekegelt, gebacken, gefilzt, geklettert und getöpfert. Es gibt Jodeln für Anfänger und Shabby-Chic für Bastler. Alleine die Marktgemeinde Wartenberg bietet in den Ferien den Kindern 29 Angebote an. Und etliche davon finden mehrmals statt.

Da dürfte so manches Kind odermancher Jugendlicher doch glatt in Freizeitstress kommen. Zum Glück gab es das früher nicht, denn dann hätte es schnell sein können, dass die Eltern ein nörgelndes Kind gehabt hätten: "Schon wieder Cattolica? Ist doch langweilig."

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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