Mitten in Erding:Analog im Gespräch

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Bürgerversammlungen haben ihre Längen, aber wer sich Zeit nimmt, kommt am Ende zu Wort

Kolumne von Antonia Steiger

Es gibt in dieser Welt, in der alles nach Digitalisierung schreit, kaum etwas Analogeres als Bürgerversammlungen. Zuerst hat natürlich der Bürgermeister Rederecht, und das nutzt mancher aus, als käme er sonst nie zu Wort. Es gibt Details zur Stadtplanung, tolle Zahlen und ein paar Streicheleinheiten für die Bürger - angepasst an den Ort des Geschehens. So lobte Erdings OB Max Gotz kürzlich - in Langengeisling - die Langengeislinger Grundschule, weil dort auch ohne Whiteboard Unterricht gehalten wird. Er fürchte, das Schriftbild künftiger Generationen werde "zum Desaster" - nur nicht in Langengeisling. Man hörte es gerne, ebenso den Hinweis auf das bedeutende Wirken des FC Langengeisling als ortsprägende Einheit.

Wer in Erdinger Bürgerversammlungen zu Gast ist, muss zunächst mit einem länglichen Vortrag rechnen, das dürfte bekannt sein. Deswegen tut Gotz auch gut daran, ein paar freundliche Worte an die Bürger zu richten: "Danke, dass Sie hier sind." Jeder möge sich in Bürgerversammlungen selbst ein Bild machen, das ist es, was er sich wünscht. Dass politischen Entscheidungen nur noch über Facebook kommentiert werden, mache ihn betroffen, sagte Gotz, zumal "wenn man sich einfach so den Vorwurf des Wahlbetrugs hinklatschen lassen" müsse - wie geschehen auf der Facebook-Seite der AfD. Dies sei ein Vorwurf an die Verwaltung und alle ehrenamtliche Wahlhelfer, rief der erzürnte Gotz: "Pfui Deifi, so was geht bei uns nicht."

Gotz pflügte zügig durch die Themen der Stadt: Hochwasserschutz, Konversion und Turnhallenneubau, bis die Bürger an die Reihe kamen, einige schon leicht ermattet. Sie beklagten die überfällige Modernisierung der Weichen der S-Bahn und schlechte Fahrtwege für Landwirte, sie wünschten sich längere Buslinien und Tempo 30 in der Fehlbachstraße. Für Bürger gibt es keine bessere Möglichkeit, ihre Wünsche an den Mann zu bringen, analog und in aller Öffentlichkeit. Der Bürgermeister muss Rede und Antwort stehen. Wer noch Fragen und Wünsche hat: In Erding folgen drei weitere Bürgerversammlungen, in Dorfen sogar noch fünf.

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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