Mitten in der Region:Wohltätigkeit und Werbung

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Gesunde Ernährung, Bio-Supermärkte oder faire Landwirtschaft. Eine Entwicklung zum bewussten Konsum und zur Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig

Von Felix Wendler

Gesunde Ernährung, Bio-Supermärkte, faire Landwirtschaft, Vegetarismus oder gar Veganismus. Eine Entwicklung zum bewussten Konsum und zur Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig. Aber sind diese Ansätze wirklich mehr als zeitgenössische Trends? Noch immer leben wir in einer Wegwerfgesellschaft. Elektronikprodukte werden mit eingebautem Verfallsdatum produziert. Reparaturen sind oft teurer als ein Neukauf. Und auch im Umgang mit Lebensmitteln hat kein wirkliches Umdenken eingesetzt. Weiterhin landen täglich Tonnen von problemlos verwertbaren Lebensmitteln im Müll - in Privathaushalten, der Gastronomie und in Supermärkten. Nicht alleine aus Unachtsamkeit, sondern auch, weil Mindesthaltbarkeitsdaten häufig für mehr verunsichern als Sicherheit geben. Ob es für lange oder gar ewig haltbare Lebensmittel wie Konservengerichte, Zucker oder Salz überhaupt Mindesthaltbarkeitsdaten braucht, ist zumindest fraglich. Selbst bei schneller verderblichen Lebensmitteln wäre es anzuraten, sich hinsichtlich der Genießbarkeit öfter auf den eigenen Verstand als auf ein striktes Datum zu verlassen.

Supermärkten und Restaurants wiederum wird ein nachhaltiger und gesellschaftsdienlicher Umgang mit Lebensmitteln durch rechtliche Auflagen erschwert. Der Supermarktbetreiber steckt in einer Zwickmühle. Verschenkt er abgelaufene Lebensmittel, kann er vom Kunden rechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sollte dieser plötzlich Bauchschmerzen bekommen. Ein unkalkulierbares Risiko. Auf der anderen Seite gibt es genügend Menschen, die diese Lebensmittel brauchen könnten und fernab von jeglicher Böswilligkeit sicherlich niemanden rechtlich haftbar machen wollen. Dennoch ist das Containern, sprich die Entnahme von aussortierten Lebensmitteln aus den Abfallbehältern, strafbar und endet manchmal in einer Anzeige wegen Diebstahls. Über die Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes lässt sich streiten - neue Denkansätze in diesem Bereich braucht es auf jeden Fall.

Wie also die beiden Seiten, den Konsumenten und die Überproduktion, zusammenbringen? Ein möglicher Ansatz ist die Aktion "Zu gut für die Tonne" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Lebensmittel mit bald ablaufendem Mindesthaltbarkeitsdatum sollen dem Kunden gratis zur Verfügung gestellt werden. Davon profitiert natürlich auch der Supermarktbetreiber. Wohltätigkeit ist schließlich immer noch die beste Werbung. Also: mitmachen!

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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