Mitten in der Region:Weihnachtskitsch in jedem Raum

Die Kugeln waren in einer Schachtel, Jahr für Jahr hervorgekramt am 24. Dezember. Diese Zeiten sind vorbei

Von BARBARA BRIESSMANN

Es ist ansteckend wie das Gähnen. Und von Jahr zu Jahr wird es schlimmer. Fröhliche Weihnacht überall, in anderen Worten: Deko-Wahn. Wie geruhsam war das doch früher, als im November noch jede Menge Zeit war bis zum Wiegenfest des Herrn. Der Kranz zum ersten Advent reichte aus. Zur Heiligen Nacht kamen der Rauschgoldengel auf die Anrichte und der Schmuck an den Baum. Die Kugeln waren in einer Schachtel, Jahr für Jahr hervorgekramt am 24. Dezember.

Diese Zeiten sind vorbei. Wohin das Auge auch blickt in den Konsumtempeln: Glitzer, Leuchten, Tand. "Wie schmückst du deinen Baum heuer?" Eine gängige Frage. Rot, gold oder bunt? "Wie immer", diese Antwort deutet zum einen auf einfallslose Langeweile oder zum anderen - noch schlimmer - auf einen konservativen Spießer hin.

Deswegen wird schon jetzt losgelegt. LED-Lichterketten in den Fenstern, der Tisch mit Glitzer übersät, Tannenzweige in den Vasen - die Raumausstattung soll nach Marketing-Strategen so bald wie möglich auf das Fest der Geburt Christi getrimmt werden. In nur eine Schachtel passt der ganze Krempel nicht mehr, geschweige denn an einen einzelnen Baum. Was für ein Trend?!

Übrigens: Wer jetzt noch kein Geschenkpapier hat, der muss im Dezember teuer bezahlen dafür. Auch ist derzeit der Festtagsbraten im Angebot. Einfrieren! Vor lauter Vorbereitungsstress könnte man glatt die Geschenke vergessen. Und worum es an Weihnachten eigentlich geht. Liebe? Manche haben noch einen blassen Schimmer davon.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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