Man darf das nicht falsch verstehen. Es war gewiss keine Neid-Debatte, die da geführt wurde. Im Gegenteil: Die Unterredung, die ein Vater dieser Tage an einer Freisinger Fußgängerampel mit seinem kleinen Sohn hatte, war vielmehr von der Einsicht geprägt, dass man auf manche Dinge im Leben ganz gut verzichten kann.
Etwa auf jenen schwarzen Sportwagen im Wert von - konservativ geschätzt - rund 100 000 Euro, der da gerade an ihnen vorbei fuhr. So ein schickes Geschoss zieht selbstredend viele Blicke auf sich. Auch wenn es, wie alle anderen nicht ganz so schicken Geschosse auch, gerade wenig sportwagen-like durch den dichten Stadtverkehr zuckelt. Dem kleinen Jungen war die Edel-Karosse natürlich aufgefallen. Sein Blick trug womöglich etwas Sehnsüchtiges in sich, das den Vater befürchten ließ, der Sohn könnte so einen Sportwagen demnächst ganz oben auf seinem Geburtagswunschzettel platzieren. Jedenfalls schien es der richtige Zeitpunkt für ein wenig Aufklärungsarbeit zu sein.
Und so erläuterte der Vater - er hatte wohl beim Piloten des vorbeifahrenden Sportwagens bereits bei Tempo 38 eine gewisse fahrerische Unsicherheit erkannt - seinem Sprössling, wie das mit solch einem Auto so ist. Dieses mag nämlich im gediegenen Stadtverkehr vielleicht noch harmlos schnurren wie ein Kätzchen. Auf den Weiten einer Autobahn dagegen wird so ein Gefährt schnell zu einem unzähmbaren Raubtier. Oder, wie es der Vater formulierte: "Ich brauche doch kein Auto mit 400 PS, wenn ich es dann ab Tempo 120 eh nicht mehr bändigen kann." Und nur für den Fall, dass seine Argumentation in den Augen des Juniors nicht zu 100 Prozent überzeugt hatte, fügte er sicherheitshalber an: "Man muss nicht alles haben."
Spätestens jetzt hatte man auch als daneben stehender Zuhörer begriffen - und den Sportwagen schweren Herzens wieder von seinem geistigen Wunschzettel gestrichen.