Summen wie von einem Hornissenschwarm dringt vom Bahnsteig in die S-Bahn ein - doch sind es keine gestreiften Insekten, sondern es ist eine Klasse Grundschüler, die unter Gebrüll in die Bahn stürmt. Große Aufregung, Gefechte um Sitzplätze - und: Hunger. "Können wir jetzt schon etwas essen?", ruft einer der Buben. "Biiiiiiitte, wir sterben vor Hunger", versucht es sein Sitznachbar bei der Lehrerin.
Die Theatralik reicht für eine Erlaubnis aus, jetzt werden die Butterbrotboxen aus den Schultaschen gerissen. "Nicht schon wieder Salamibrot!", raunzt einer der Buben. Beim Zugfahren ist es eben manchmal wie beim Auspacken unter dem Christbaum - wenn jedes Jahr wieder Socken drin sind. Immerhin: Die Pausenboxen mancher Mitschüler sind mit Süßigkeiten ausgestattet, quasi die Lego-Ritterburgen unter den Lunchpaketen. Will jemand tauschen?
Der Brot-Verschmäher wird jetzt zum Verhandlungskünstler. Es werden Milchmäuse, Bonbons und Gummischlangen getauscht - das Salamibrot wechselt für einen Lutscher den Besitzer. Nur die Mädchen im Nebenabteil wollen sich nicht auf ein Handelsgeschäft mit den Buben einlassen, sie begnügen sich mit ihren belegten Broten. "Mir doch egal, was du da hast. Ist eh zu viel Zucker drinnen." Stimmt, da war ja was: Schlecht für die Zähne sind Süßigkeiten, und dick machen sie noch dazu. Als diese Erkenntnis sich unter den Buben herumspricht, sind viele Salamibrote bereits gegen Zuckerstangen und Gummibärchen getauscht. Die Aussicht auf einen Gummibärli-Ranzen und Zahnweh ist zwar nicht schön - viel schlimmer ist aber ein weiterer Nebeneffekt: Zuckerschlangen und Kaugummis machen nicht satt. Wahrscheinlich hat es nicht lange gedauert, da hieß es dann wieder: "Hunger!"