Klingelingelings, Klingelingelings... Wer läutet da mitten am Tag? Sonst ist man ja nie zu Hause um diese Uhrzeit, unter der Woche. Freie Tage sind grundsätzlich gefährlich, da ist man schon auf diverse Haustürgeschäfte hereingefallen. Hat Honig und mundgemalte Postkarten erworben, auch mal einem dehydrierten Gerichtsvollzieher geöffnet, der sich - selbstverständlich - in der Adresse geirrt hatte. Und die Mitgliedschaften beim Bund Naturschutz, beim Landesbund für Vogelschutz, beim Roten Kreuz haben auch damit zu tun, dass jemand plötzlich vor der Gartentür stand und sehr nett plausibel machte, warum es unbedingt angebracht sei, diese und jene gute Sache zu unterstützen.
Klingelingelings, Klingelingelings..., dann eine halbe Minute Pause, Klingelingelings, Klingelingelings ... Der Ungebetene ist von der hartnäckigen Sorte, was schon ziemlich verdächtig und irgendwie unsympathisch ist. Also, auf strumpfigen Sohlen hinauf in den ersten Stock und vorsichtig aus dem Fenster aufs Gartentor gespäht. Hinter dem vom Buchsbaumzünsler kahlrasierten Busch ist ein Schatten zu sehen. Klingelingelings, Klingelingelings... Doch dann Schweigen, der Schatten hat schließlich aufgegeben.
Später - die Luft ist schon lange wieder rein - leert man den Briefkasten. Zwischen folienverschweißter Werbung und einer Zahnarztrechnung steckt ein unscheinbarer Zettel: "Dreharbeiten zur Fernsehreihe ,Schwarzach 23'", ist darauf zu lesen. Eine Szenenbildassistentin - war sie der Schatten vor der Tür? - fragt höflich nach, ob man sein Haus als Drehort zur Verfügung stellen möchte. In unserem Teil sind Filmarbeiten nichts Ungewöhnliches. Um die Ecke haben sie mal eine Folge von Aktenzeichen XY gedreht. Die Hausherrin hatte sich in ihr Bügelzimmer im Keller verzogen, während oben der TV-Mörder zugange war. Aber Schwarzach 23? Als Selten-Fernseher muss man das erst mal googeln: ein ZDF- Samstagskrimi mit Maximilian Brückner und dem wunderbaren Friedrich von Thun. Schöner Mist, vielleicht hätte man die Tür doch öffnen sollen!