Mitten in der Region:Rollenspiele auf dem Rasen

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Der Bayerische Fußballverband will das Miteinander von Vereinen und Schiedsrichtern verbessern

Von Alexander Kappen

Na schön, sie bewegen sich alle auf dem selben Fleckchen Rasen, in der Regel so um die 68 mal 105 Meter groß. Sie schlagen zur selben Zeit dort auf und ziehen nach 90 Minuten zuzüglich einer Viertelstunde Pause wieder gesammelt von dannen. Aber wenn man die Beteiligten hinterher befragt, hat man nicht selten den Eindruck, dass Schiedsrichter und Fußballer einer komplett anderen Veranstaltung beigewohnt haben. Der eine hat Dinge gesehen und gepfiffen, die die anderen natürlich nie machen würden (Fouls, Schwalben, Abseitstore und absichtliches Handspiel kennen sie nur aus schlechten, realitätsfremden Fußball-Filmen). Und die anderen beschweren sich über falsche Pfiffe, die dem einen natürlich nie unterlaufen würden (Fehlentscheidungen kennt er nur von realitätsfremden Negativbeispielen aus Schiedsrichter-Lehrvideos).

Wenn diese zwei Welten also aufeinandertreffen, so haben sie sich beim Bayerischen Fußballverband (BFV) gedacht, kann es nicht schaden, die Sinne für die Belange des jeweils anderen zu schärfen und alle daran zu erinnern, dass es derselbe Sport ist, an dem sie da auf die eine oder andere Weise beteiligt sind. "Zwei Blickwinkel - ein Spiel" heißt eine aktuelle Veranstaltung aus der BFV-Kampagne "Pro Amateurfußball", mit welcher der Verband "das Miteinander von Vereinen und Schiedsrichtern verbessern und durch Praxisbeispiele für mehr Verständnis werben" möchte. Auch Vereinsfunktionäre, Trainer, Betreuer und Spieler aus dem Landkreis können sich bei einer Schulung im November von Fachreferenten die Hintergründe von Schiedsrichterentscheidungen erklären lassen und sollen dabei "selbst in die Rolle des Unparteiischen schlüpfen und verschiedene Situationen beurteilen", heißt es in der Ankündigung des BFV.

Was in der Mitteilung nicht steht, ist, ob auch die Schiedsrichter bei einer speziellen Schulung in die Rolle der Spieler und Vereinsvertreter schlüpfen. Ob sie also, nur so, um sich da mal besser reinfühlen zu können, im Praxistest einen Spieler an der Mittellinie umgrätschen dürfen, damit sie nachempfinden können, wie befreiend so ein Frustfoul beim Stand von 0:5 in der 90. Minute sein kann. Oder ob sie probehalber eine halbe Stunde lang die beliebtesten Schiedsrichter-Schmähgesänge anstimmen, um zu erfahren, wie wohltuend es für Außenstehende ist, nach strittigen Entscheidungen ein bisschen Dampf vom Kessel zu lassen. Und ob die Schiedsrichter mit diesen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen nach Schulungsende dann fröhlich zum Parkplatz schlendern und leise vor sich hin singen: "Schiri, wir wissen, wo dein Auto stand, hat gut gebrannt, hat gut gebrannt. "

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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