Mitten in der Region:Revolution in der Adventszeit

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Wünsche zu erfüllen, ist keine einfache Aufgabe und braucht seine Zeit.

Von Viktoria Großmann

Sich über die eigenen Ziele klar zu werden, ist eine Forderung, welche die Leistungsgesellschaft an alle erhebt, die es karrieremäßig zu irgendetwas bringen wollen. Individuelle Wünsche zu formulieren wird, mit nicht immer überzeugendem Erfolg, bereits in der Kinderkrippe geübt. Traditionell und unerbittlich eingefordert aber wird das Wünschen in den Adventswochen, wenn Menschen sich todesmutig in Shopping-Passagen stürzen, ohne eigentlich so genau zu wissen, was sie dort sollen, auch wenn einige sich Wunschzettel wie Einkaufslisten vor die Nase halten. Dabei zeigt sich, dass es keine Spezialität von Fünfjährigen ist, unerfüllbare und unbezahlbare Wünsche zu haben. Ob es unvernünftiger ist, sich den Weltfrieden zu wünschen oder Riesenkräfte wie Pippi Langstrumpf, kann an dieser Stelle nicht ausdiskutiert werden.

Wünsche zu erfüllen, ist keine einfache Aufgabe und braucht seine Zeit. Die Frage, was Christkind, Nikolaus und Weihnachtsmann eigentlich den Rest des Jahres über tun, kann damit stichhaltig beantwortet werden. Allen Erdenbürgern, die am Wünscheerfüllen verzweifeln, sei die Idee von Patricia und Andrea ans Herz gelegt. Statt zu fragen, was jeder möchte, bieten sie an, was sie zu vergeben haben. Sie tauschen sozusagen den Wunschzettel mit einem Angebotszettel. "Nimm, was Du brauchst" steht auf den Zetteln, welche die beiden Frauen verteilen, die nach Handschrift und Orthografie zu urteilen ziemlich jung sind. Im Angebot sind unter anderem: Geduld, Hoffnung, starke Nerven, Zuneigung und Erholung. Starke Nerven und Erholung gehören zu den Bestsellern. Geduld und Freundschaft sind weniger gefragt. Selbst "1000 Kisses" warten noch auf einen Empfänger.

Angebotszettel statt Wunschzettel: ein Modell, das die Vorweihnachtszeit revolutionieren könnte. Jeder hat doch etwas, das er teilen oder das ein anderer brauchen könnte. Allen wäre geholfen, denn jeder würde und dürfte im Rahmen seiner Möglichkeiten bleiben. Ein Zustand allerdings, den Konsumindustrie und Banken absolut nicht für wünschenswert halten. Besiegt werden könnten sie nur von Pippi Langstrumpf oder dem Weltfrieden. Also: Her mit den unvernünftigen Angeboten!

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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