Mitten in der Region:Man(n) hat die Wahl

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Zum Glück gibt es die Polizei, die einem zuweilen Entscheidungen abnimmt. Wenn sie einem auch oft keine andere Wahl lassen

Kolumne von Gerhard Summer

Das Leben könnte so schön sein, wirklich, wenn der Mensch nicht jeden Tag so wahnsinnig viele Entscheidungen treffen müsste. Also: Sekt oder Selters? Rechnungen liegenlassen oder gleich bezahlen? Und im November auf die Kapverden oder doch zur Oma nach Limburg an der Lahn? Ja, Frauen wissen so was. Frauen legen sich so locker fest, als gäbe es nichts Leichteres auf der Welt, weil sie tief in ihrem Inneren ahnen, dass sich alles revidieren lässt. Aber Männer? Du lieber Himmel! Die haben doch keine Ahnung, ob sie den nächsten Tag überleben, wenn sie frühmorgens in ihre Megahöllen hetzen. Vielleicht erdolcht sie mittags der Chef, weil sie eine klitzekleine Kleinigkeit falsch gemacht haben, und alle Kollegen klatschen Beifall. Und diese gequälten, ständig vom Bürotod bedrohten Wesen sollen sich auf der Stelle Gedanken machen, wohin sie in ferner Zukunft verreisen wollen?

Zum Glück gibt es noch die Polizei, die einem zuweilen Entscheidungen abnimmt. So war es vergangenen Samstag auf einer Autobahnraststätte: Den Ermittlern kam ein Fahrzeug verdächtig vor, sie hielten es an. Und siehe da: Gegen den Beifahrer, einen 55-Jährigen aus dem Raum Augsburg, lag ein Haftbefehl vor. Der Mann war im Auto herumgekurvt, obwohl er keinen Führerschein hat, und erwischt worden. Die Strafe, die sich samt Verfahrenskosten auf 500 Euro summierte, hatte er nicht bezahlt. Jetzt steckte er in der Klemme: Sollte er die Hunderter auf den Tisch legen - oder mit dem Geld doch ein gebrauchtes Auto kaufen, was er bei der Fahrt vorgehabt hatte? Normalerweise brauchen Männer für so eine heikle Entscheidung Tage. Aber in diesem Fall ging es schnell. Die Polizei schreibt: Der 55-Jährige habe auf den Kauf des Autos verzichtet und mit dem Geld lieber die Strafe bezahlt, um "die Haft abzuwenden". Was natürlich weitsichtig war. Denn, so fragen nicht ganz ohne Grund die Ermittler, "wer hätte das neu erworbene Fahrzeug sonst nach Hause gefahren?"

Der Heilige Christopherus, der Schutzheilige aller Chauffeure, wahrscheinlich nicht. Der hat auch keinen Führerschein.

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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