Mitten in der Region:Kellner auf Kifferkontrolle

"Was rauchen Sie da? Das ist doch wirklich nur normaler Tabak, oder?"

Von Hannah Fischer

Raucher sind - so scheint es zumindest manchmal - die Aussätzigen der heutigen Gesellschaft. Aus manchem Munde hört man, dass Tabak nur mehr ein Genussmittel der Unterschicht sei. In Gaststätten, Kneipen, Bierzelten ist es mittlerweile verboten, sich eine Zigarette anzustecken. Nun könnte man meinen, dass man wenigstens im Biergarten - dem letzten Zufluchtsort der Raucher - noch willkommen ist. Nach dem Essen, die Zigarette ist frisch gedreht, will man gerade genüsslich den ersten Zug tun, als der Kellner herbeieilt: "Was rauchen Sie da? Das ist doch wirklich nur normaler Tabak, oder?" Irritiert blickt man auf und denkt: "Das kann doch nur ein Scherz sein." Aber nein, der Kellner meint das todernst. Sein Hinweis: Am Nebentisch sitze die Polizei. Ärger mit illegalen Rauschmitteln wolle man in diesem Wirtshaus nicht haben. Nach einigen beruhigenden Worten des Gastes zieht der Kellner von dannen. Die Herren in Zivil am Nachbartisch haben von all dem nichts bemerkt.

Doch wo soll das hinführen? Muss bald jeder, der sich seine Insulinspritze setzt, fürchten, als Heroinjunkie abgeführt zu werden? Ist jeder, der seine Tabletten gegen Laktoseintoleranz einwirft, ein vermeintlicher Ecstasy-Konsument? Und könnte jeder, der Schnupftabak schnupft, womöglich Koks im Döschen haben? Da müsste die Polizei wohl eine Sondereinheit einrichten, um all diese mysteriösen Fälle aufzuklären. Spätestens zum Oktoberfest.

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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