Mitten in der Region:Integriert mich!

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Sprachprobleme diesseits des Weißwurstäquators: Anstrengen müssen sich beide Seiten

Von Benjamin Köster

Der Landkreis steckt voller bayerischer Kultur. Im Wirtshaus gibt es Wammerl und Schwammerln, "Servus" bedeutet gleichermaßen "Hallo" und "Tschüss", Jungs und Mädchen gibt es nicht, dafür aber jede Menge Buben, Burschen, Madln, und an der Wand von so manchem Ratssaal thront stolz - natürlich - der Seehofer Horst.

Dumm nur, wenn man, wie der Autor dieser Zeilen, im quasi dialektfreien Hannover aufgewachsen ist, später in der beschaulichen Universitätsstadt Göttingen studiert hat und bayerische Kultur nur aus dem Fernsehen kennt. Trotz gütigen Landesvater-Lächelns macht Seehofer dem norddeutschen Gemüt dann doch eher Angst, und mangelnde Sprachkenntnisse sind dafür verantwortlich, dass man sich nach dem Verlassen einer Kneipe beim hinterhergerufenen "Pfiat di" erst einmal fragt, ob man gerade zu wenig Trinkgeld gegeben hat und womöglich beleidigt wurde. Und gerade, wenn man denkt, man sei mit den neu erworbenen Sprachkenntnissen halbwegs sattelfest, hat man einen waschechten Urbayern am Telefon und überlegt, ob es wohl sinnvoller gewesen wäre, das Interview gleich auf Englisch zu führen.

Möglicherweise sind diese Verständigungsprobleme ja ein Grund, warum die Bayern außerhalb des Freistaates irgendwie misstrauisch beäugt werden. Dabei seid ihr Bayern doch eigentlich ganz nett. In der Flüchtlingsfrage verhält sich die bayerische Zivilgesellschaft, von ein paar unschönen Ausnahmen abgesehen, ziemlich vorbildlich, das mit der christlichen Nächstenliebe nehmt ihr so ernst, dass ihr per Länderfinanzausgleich die halbe Republik finanziert (Danke, Horst!) und im vollen Wirtshaus wird man kurzerhand zu Wildfremden an den Tisch gesetzt, die kurz darauf alles Mögliche sind, aber nicht mehr wildfremd - nördlich des Weißwurst-Äquators undenkbar.

Wie kommen wir also zusammen? Mit der Integration ist das ja so eine Sache, so richtig klappt die nur, wenn sich beide Seiten anstrengen. Vorschlag: Ich benutze in eurer Gegenwart nie wieder das Wort "Moin" und im Gegenzug erklärt mir endlich mal jemand, wie das mit der Weißwurst funktioniert. Deal?

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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