Mitten in der Region:Handwerk hat goldenen Boden

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Ein Kostenvoranschlag für eine Badsanierung lässt einen daran zweifeln, ob man den richtigen Beruf gewählt hat

Kolumne von Thomas Daller

An dieser Stelle haben wir schon das eine oder andere Mal thematisiert, welche enormen Preissprünge Mieten oder Immobilien im Landkreis in den vergangenen Jahren genommen haben. Es ist offenbar nur noch eine Frage der Zeit, bis wir hier Münchner Verhältnisse haben, wo man für ein Wohnklo den Tariflohn komplett an den Vermieter durchreichen kann. Man kann sich somit glücklich schätzen, wenn man rechtzeitig eine schnuckelige kleine Eigentumswohnung gekauft hat, bevor der Markt angefangen hat, völlig zu spinnen. 1990er Jahre gebaut, man renoviert so durch, malert die Kinderzimmer, verlegt neue Böden, was man halt selber so machen kann ohne spezifische Handwerkerausbildung. Im ausgebauten Dachgeschoss stößt man an seine Grenzen: Die kleine Dusche, das zweite Badezimmer, wäre als nächstes fällig, erneuert zu werden. Sie ist winzig, Dachschräge, vier Quadratmeter, nur Duschkabine, Klosett und Waschbecken. Es muss nicht das Allerbilligste vom Baumarkt sein, aber goldene Wasserhähne brauchen wir auch nicht. Also Angebot eingeholt. Der Fachhandel empfiehlt eine Duschkabine für 2000 Euro, ein Waschbecken mit Unterschrank für 1000 Euro und ein Klosett mit Spülkasten für 1000 Euro. Rechnen wir noch 1000 Euro für neue Fliesen dazu, ist ja nur ein Raum mit vier Quadratmetern.

Das klingt alles ganz überschaubar, wir bauen ja nicht neu, muss ja nur an bestehende Anschlüsse angeflanscht werden. Zur Not helfen wir selbst mit und schlagen mit dem Bohrmeißel die Fliesen runter und fahren den Schutt in zwei Mörtelwannen zum Recyclinghof. Mit 10 000 Euro sollte der Kas gebissen sein.

Gestern kam das Angebot der ausführenden Firma rein. Die beste Ehefrau von allen hat es uns auf Whatsapp weitergeleitet, mit einem Smiley, dessen Lächeln aussah, als hätte jemand mit massiven psychischen Problemen seine Tabletten nicht genommen. Leicht irritiert haben wir die PDF-Datei geöffnet und den Witz sofort verstanden: Der Kostenvoranschlag für das kleine Duschkammerl belief sich auf 17 222 Euro. Da haben wir schon geschaut, weil der geschätzte Arbeitsaufwand für zwei Gesellen bei etwa zwei Tagen liegen dürfte. Das gab uns zu denken und wir rufen die verblendete Jugend auf, werdet Handwerker! Da kann man an einem Tag mehr verdienen als in manchen akademischen Berufen im ganzen Monat. Und wenn Sie von uns an dieser Stelle künftig nichts mehr lesen, ist unsere Bewerbung als Installateur-Lehrling von einem Fachbetrieb gnädig erhört worden.

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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