Mitten in der Region:Einfach mal daheim bleiben

Lesezeit: 1 min

August ist Ferienzeit. Viel fahren weg und berichten jeden Tag in den sogenannten sozialen Medien von ihrer Reise. Relaxter, aber auch wohl altmodischer ist: daheim bleiben

Kolumne von Johann Kirchberger

Jedes Jahr, wenn die großen Ferien ausgebrochen sind, wenn Nachbarn und Freunde ihre Autos mit Koffern beladen oder mit dem Wohnwagen abrücken, dann macht sich eine gewisse Unruhe breit. Es beschleicht einen die Sehnsucht nach fernen Gestaden, obwohl im Sommer längst auch in unseren Breiten die Sonne scheint. Mit Wehmut denkt man daran, wie schön es doch jetzt wäre, auch mal wieder in den Urlaub aufzubrechen, irgendwohin zu fahren, im Stau zu stehen.

Es soll auch Leute geben, die es vorziehen, in die Luft zu gehen. Viele davon schämen sich zwar mittlerweile dafür, weil Flugzeuge als umweltschädlichstes Verkehrsmittel in Verruf geraten sind. Das Procedere, bis man in einem Flieger sitzt, ist auch nicht ohne. Steht da nicht im Grundgesetz, die Würde des Menschen sei unantastbar, und gilt das nicht auch am Flughafen? Aber die Menschen lassen sich freiwillig durch Absperrgehege treiben, geben den Gürtel ab, ziehen, während sie die rutschende Hose halten, ihre Schuhe aus und lassen sich abtasten. Sicherheitsbestimmungen sind fast so mächtig wie Brandschutzverordnungen. Aber schließlich will man seinen Freunden später etwas von seinen Urlaubserlebnissen und Abenteuern berichten können. Früher war das zumindest so. Heutzutage wird schon vom ersten Reisetag an alles auf Facebook oder sonst wo ins Internet gestellt, das Quartier, die schöne Aussicht, das Mittag- und das Abendessen. Ja sogar der Cocktail, den man gerade serviert bekommen hat, wird "gepostet". Die Daheimgebliebenen sollen schließlich neidisch werden, den Gefällt-mir-Button drücken und brav wünschen, man möge weiterhin viel Spaß haben.

Natürlich könnte man den Urlaub auch zuhause genießen. Nach Herzenslust ausschlafen, zum See radeln, sich auf einer Wiese statt im Sand sonnen und ab und zu ins kühle Nass springen. Und abends auf der Terrasse sitzen bei einer Brotzeit und einem Glas Bier oder Wein. Aber so eine Brotzeit ins Internet zu stellen oder ein Foto vom heimischen Badeweiher, wer macht das schon, wer will so was sehen? Ist ja auch irgendwie langweilig, oder? Dabei wäre es vielleicht gar nicht so schlecht, sich einmal ganz ohne Stress daheim zu erholen, ohne dieses schlechte Gewissen, so viel CO₂ ausgestoßen zu haben. Man sollte es mal ausprobieren.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: