Jeder, der schon mal jemandem etwas beibringen oder, schlimmer noch, jemanden erziehen musste, weiß, wie schwierig das sein kann. Nicht immer bemüht sich das Gegenüber um strikte und sofortige Umsetzung, und bei ausbleibendem Erfolg des Unterweisungsversuchs beginnt man heftigst an der eigenen Eignung zu zweifeln. Eigene Kinder widerstehen dem elterlichen Streben nach Erziehung besonders gerne, vor allem wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben. Aber auch Haustiere entwickeln eigene Entscheidungskriterien, was sie für richtig und beachtenswert halten und was nicht. Und so macht auch ein Hund bisweilen, was er will, benutzt das Wohnzimmersofa bei Abwesenheit der Aufsichtsperson, versucht unangemeldeten Besuch stimmgewaltig in die Flucht zu schlagen oder nutzt den gewährten Auslauf zu einem großräumigen Freigang nach eigenem Gusto.
Umso erstaunlicher hat sich jetzt ein beigefarbener, mittelgroßer Hund mit unbekanntem Rassestatus verhalten, der jüngst offenbar ohne Begleitung auf dem Heimweg gesichtet wurde. An einer Kreuzung benutzte er vorschriftsmäßig die Fußgängerampel, die soeben auf Grün geschaltet hatte, und eilte zügigen Schrittes geradewegs über die Fahrbahn. Ordentlich ins Staunen geriet man dabei als wartender Autofahrer ob solch eines geradezu menschlich anmutenden Verständnisses der Zusammenhänge im Straßenverkehr, das der Vierbeiner an den Tag legte. So wie man manchmal auch von Hunden hört, die allein mit der S-Bahn unterwegs sind und beizeiten sogar wieder nach Hause finden. Vermutlich sind diese Exemplare des gemeinen Haushundes einfach besonders intelligent. Oder besonders wohlerzogen. Wahrscheinlich haben sie einen Hundeflüsterer zu Hause.