Mitten in der Region:Drei Damen und ein Syrer

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Wunderbare Begegnungen in der S-Bahn auf dem Weg nach München

Von Barbara Briessmann

Nach Feierabend in der S-Bahn: An manchen Tagen eine ruhige Angelegenheit. Bei Sonne scheinen die Fahrgäste gesprächiger zu sein. Wie die beiden jungen Männer, die es mit je einem Augustiner ausgerüstet nach München zieht. Lautstark unterhalten sie sich zunächst über ihren Alkoholkonsum, dann über ihr Sexualleben, um dann übergangslos die perfekte Zubereitung von Schweinshaxn zu diskutieren.

Inzwischen sind drei ältere Damen eingestiegen, die nach einem Platz Ausschau halten. Sie fragen einen Mann, ob sie sich zu ihm setzen dürfen. In der Sitzgruppe hinter ihnen sind die Biertrinker gerade beim Brexit angekommen, als die Älteste der drei Damen von dem Herrn in ihrer Mitte wissen will, ob er Spanier sei. "Wir können nämlich alle Spanisch", frohlockt sie. "Ich bin Syrer", sagt der Mann leise. "Arabisch können wir leider nicht", entschuldigt sie sich. Eine der Frauen möchte erfahren, seit wann der Syrer schon hier sei. Seit zehn Monaten. Wo er wohne und wohin er fahre. Zum Sprachkurs nach München. "Sie sprechen aber schon gut Deutsch." Der Mann muss lachen, die Frauen auch wegen des Ausfragens. Er findet, Deutsch sei schwer.

Bei einem schweren Thema sind die Augustiner-Freunde gelandet: Berlin. Eine schreckliche Stadt, da sind sie sich einig. Dreckig, überall linke Chaoten und noch mehr Migranten - "der ganze Multikulti-Mist". Überdeckt wird das gemeinsame Stänkern von lautem Gelächter. Die drei Damen geben ihrem Syrer Bewerbungstipps: Er solle seine Unterlagen immer persönlich abgeben, denn fast immer säße eine Frau im Vorzimmer. "Sie sehen so gut aus", flötet die fast 80-Jährige, "da haben Sie den Job sofort." Der 23-Jährige ist aufgetaut, erzählt aus seinem Leben, die Frauen erzählen von sich. Sie wollen seinen Namen wissen, weil es so spannend sei mit den vielen neuen Namen, "die wir jetzt lernen". Sie stellen sich aber erst einmal vergnügt vor: "Wir sind die Gertrud, die Rosi und die Renate." Die Vier verstehen sich.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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