Rein akustisch betrachtet lässt sich der Frühling in zwei Hälften unterteilen, eine erfreuliche und eine verdrießliche. Die eine beinhaltet das hübsche, zu Herzen gehende Trällern der Vögel, die keck und flink durch die noch unbelaubten Äste hüpfen und uns vielstimmig vermitteln, dass der Winter nun seine Koffer gepackt habe. Dass er abgereist sei in die arktischen Gefilde, heim ins Land der Eisbären und Pinguine. Angesagt ist in unseren Breiten jetzt Nestbau, Schnäbeln, Blühen, Wonne, Biergarten und Pflanzen-Center, Durchschnaufen nach dem grauen Schmuddelwinter. Die Natur ruft uns ins Grüne, sofern man ihre Stimme denn vernehmen kann.
Denn es gibt eine weit weniger erbauliche, lautstarke Seite des Frühjahrs, und das sind diese Hummeln. Nicht die fliegenden Vettern der Bienen, sondern die blechernen, zweirädrigen. Die Kawasakis, Yamahas und Hondas, die Enduros, Dukatis, Motoguzzis und Harleys, die überzüchteten Brüllmonster, die dumpf grollenden Cruiser und Bullerkisten, die jetzt wieder aus den Garagen geschoben werden, um lärmend die Straßen zu erobern. Um an den Stoßstangen der Autos zu kleben, rudelweise mit Motoren, die bis zur Explosionsgrenze hochgejagt werden. Mit Fahrern, deren Gesichter hinter den verspiegelten, futuristischen Integralhelmen unsichtbar sind, Wesen aus einer anderen Welt, die ihre wilde Jagd nicht nur auf dem Kesselberg veranstalten.
Man merkt schon: Wir singen hier nicht das Hohelied aufs motorisierte Zweiradfahren, und vielleicht beschreiben wir die Szene emotional ja etwas zu hochtourig. Muss aber sein, denn wir wollen die Turbobiker runterbremsen, um wieder mal die Kurve zu kriegen zum Radlfahren, das weitaus erholsamer ist und ungleich höhere Überlebenschancen garantiert. Die Umwelt dankt, der Autofahrer sowieso. Da könnte der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ruhig auch mal ein Zeichen setzen. Auf eine Stadtradler-Ehrennadel mit Urkunde und Schulterband für publizistische Verdienste am Pedal warten wir seit Jahr und Tag vergeblich.