Mitten in der Region:Die Pädagogik des Döner-Manns

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Wer hätte das gedacht? Dönner macht nicht nur schöner, sondern auch glücklich

Von Benjamin Emonts

Döner macht schöner, und auf Dauer auch schlauer. Diese Binsenweisheit nehmen sich Millionen von Deutschen täglich zu Herzen, wenn sie - das Wasser im Munde zusammen- laufend - die nächst gelegene Döner-Bude ansteuern. Was viele allerdings noch nicht wissen: Döner vermag auch, Menschen ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern und ihrem tristen Arbeitsalltag eine entzückende Mittags-Pointe zu verleihen.

Nun gut, vielleicht ist jene erheiternde Eigenschaft des Döners speziell dem vorenthalten, der bei Ozcakin Sadettineinkauft. Einmal pro Woche fährt sein fahrbares, offensichtlich gute laufendes Dönergeschäft vor. Der freundliche junge Mann behandelt jeden Kunden, als wäre er ein langjähriger Freund. Das kann man mögen - muss aber nicht. Wem allerdings das entzückende Schauspiel vor seinem Dönerwagen missfällt, der enttarnt sich zweifelsfrei als Griesgram oder mindestens als Miesepeter. Immer um die Mittagszeit belagern nämlich Horden kleiner Schulkinder den Dönerstand. Sie sind mitunter so klein, dass Sadettin sie von seinem Standort im Wagen aus gar nicht sehen kann.

Die Kinder jedoch reißen ihre Arme so weit in die Höhe und quieken so laut, dass man sie zwangsläufig beachten muss. Spätestens wenn sie ihre Münder wie kleine Vögelchen aufreißen, werden die erwachsenen Kunden für einige Minuten links liegen gelassen. Sadettin schneidet dann hastig sein gegrilltes Fladenbrot in Streifen und reicht sie über die Theke. Selbst Ornithologen hätten bei der Beobachtung dieses witzigen Schauspiels ihre wahre Freude. Mutet die Verköstigung der bunt gekleideten Schüler doch jedes Mal wie eine fröhliche Vogelfütterung an. Kinderfütterer Sadettin macht auf diese Weise einmal wöchentlich bis zu 150 Schülern eine Freude, die mittlerweile wie das Pausenbrot von Mama zum Stundenplan gehört. "Die Kleinen sollen lernen, dass es gut ist, etwas zu geben", beschreibt Sadettin seinen pädagogischen Ansatz. Ganz uneigennützig ist seine Großzügigkeit freilich nicht: Gutes zu tun, tut einem selber einfach gut.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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