Mitten in der Region:Die große Käse-Verschwörung

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Erst muss man ins Krankenhaus - und dann auch noch so was

Kolumne von Thomas Kronewiter

Wem die Freude zuteil wird, eine funktionierende Krankenhaus-Bürokratie zu erleben, von der Aufnahme bis zum Patientenbrief bei der Entlassung, der schätzt sich glücklich, nicht in einer Bananenrepublik zu leben. Keine Rose ohne Dornen, sagt man gemeinhin, im Falle einer Klinik - die hier nicht genannt werden soll - soll hier das eine oder andere Wort zum sogenannten leiblichen Wohl verloren werden.

Bei der Lektüre der kulinarischen Wochenkarte war man noch voller Vorfreude. Von einer "ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung" war da zu lesen, auch von "medizinischer Hilfe, fachkompetenter Pflege und individueller Aufmerksamkeit". Und von reichlich Auswahl. Allein die Tees: Schwarz-, Kräuter-, Pfefferminz- und Früchtetee. Die aus der Kindheit vertraute Hagebutten-Versorgung schien offenkundig der Vergangenheit anzugehören.

Nun, die Realität ist gleichwohl recht ernüchternd. Geschenkt, dass man nüchtern zur Narkose anzutreten hatte, die Zeit bis zum Mittagessen also von Haus aus recht lang geriet. Es machte auch nichts, dass der Trancheur der beiden in Bratensauce schwimmenden Putenfleischscheiben offenkundig erproben wollte, wie dünn diese zu schneiden wären. Dank Heißhungers waren diese schnell verschwunden. Und immerhin gab es ein Joghurt als Dessert - sozusagen zum Sattwerden. Spätestens am frühen Nachmittag hielt man nach dem Helfer Ausschau, der eigentlich die Essenswünsche abfragen sollte laut Speiseplan, oder wenigstens nach dem ersatzweise versprochenen Zettel zum Ankreuzen.

Statt des Zettels aber kommt direkt das Abendbrot. Unter der Haube: zwei Scheiben Brot, dazu reichlich Scheiben Käse. Doof, dass Käse nicht gerade eines der bevorzugten Nahrungsmittel des Patienten ist - um es vielsagend anzudeuten. Aber was hilft's? Zum Frühstück wenigstens kann das nicht passieren. Denn da gehört ausweislich der Wochenkarte selbst zum Worst-Case-Szenario eines Käse-Frühstücks auch eine Konfitüre. Damit kann man auch auskommen.

Was dann kommt, ist ein herber Tiefschlag - ein "Käse-Frühstück", als hätte man's bestellt. Was fehlt, ist die Konfitüre, dafür aber - Frischkäse. Wie gut, dass es die Klinik-Caterer nicht zu ernst meinen, wenn sie Käse schreiben. Man stelle sich vor, es wäre ein Ziegenkäse, Roquefort oder Limburger auf dem Tablett!

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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