Mitten in der Region:Cool, cooler, E

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Das E gilt mittlerweile als Kennzeichen für Modernität, technischen Fortschritt und höchste Effizienz

Kolumne von Walter Gierlich

E ist in. War das E einst lediglich der am häufigsten vorkommende Vokal der deutschen Sprache, so gilt es mittlerweile als Kennzeichen für Modernität, technischen Fortschritt und höchste Effizienz. Wann genau es damit losgegangen ist, lässt sich kaum noch herausfinden: Vielleicht begann es, als neudeutsch plötzlich von E-Commerce die Rede war, als die Ersten anfingen im Internet zu bestellen? Oder auch als Menschen, die was auf sich hielten, so altmodische Dinger wie auf Papier gedruckte Bücher durch E-Books ersetzten und ihre Nachrichten nicht mehr aus Zeitungen, sondern aus E-Papers bezogen? Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kam jetzt sogar mit der Vision eines E-Euro daher, wie nicht nur im Internet zu lesen war.

Sicher ist, dass viele dieser durch ein E geadelten Begriffe längst in aller Munde waren, als auf einmal E-Mobilität und als deren Paradestück - das E-Auto - zum Inbegriff einer zukunftsorientierten und zugleich angeblich umweltfreundlichen Lösung unserer Verkehrsprobleme wurde. Da kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Jahren an, dass bis 2020 eine Million Kraftfahrzeuge mit Elektromotor auf Deutschlands Straßen rollen würden. Ein Ziel, das sie inzwischen als unrealistisch eingestampft hat. Die Verkaufszahl von E-Bikes hingegen hat die Million längst weit hinter sich gelassen. Mit dem aus Sicht des Naturschutzes zweifelhaften Effekt, dass auf einmal die alpine Bergwelt von Massen an Mountainbikern heimgesucht wird, die früher die Hänge allenfalls per Seilbahn bezwungen hatten. Man würde sich beispielsweise vom Bundesverkehrsminister wünschen, die Bahnstrecke von München nach Mühldorf endlich zu elektrifizieren, doch hatte Andi Scheuer (CSU) stattdessen eine viel coolere Idee: den mit Strom betriebenen Tretroller, im lässigen Experten-Sprech E-Scooter genannt. Ja, auch in Erding sind die ersten dieser Fahrzeuge unterwegs, sollen die doch nach Meinung Scheuers den Autofahrern, die auf den ÖPNV umgestiegen sind, die sogenannte letzte Meile auf dem Weg zum Arbeitsplatz oder nach Hause erleichtern.

Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, es handle sich nicht wirklich um einen Ersatz für die Nutzung des Pkw, eher um ein Gaudi-Spielzeug, das nach Benutzung schon mal locker auf einer Verkehrsinsel abgestellt werden kann. Vielleicht hat jener E-Roller-Fahrer es ja gebraucht, um kräftesparend an den Kronthaler Weiher zu gelangen - für einen E-Spaziergang. Einen Erholungsspaziergang.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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