Mitten in der Region:Böses Erwachen

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Auch der Fußball darf einmal Pause machen

Von Alexander Kappen

Nach der Arbeit schnell heim. Wenn man im Stau steht, reicht es zwar nicht mehr für die erste Hälfte des 18-Uhr-Spiels, aber der zweite Durchgang - quasi als Aufwärmprogramm für die folgende Abendpartie - ist noch drin. Also rein zur Haustür, ins Wohnzimmer, Fernbedienung zwischen den Chipstüten vom Vortag suchen, Fernseher an und dann: "In aller Freundschaft." Eine Arztserie!

Auf brutalere Art kann man nicht daran erinnert werden, dass auch der Fußball-Gott, wenngleich er nicht auf eine strikte Einhaltung der Fünf-Tage-Woche besteht, in seinen Geboten eine kleine Verschnaufpause fürs kickende Personal vorgesehen hat: Am 14. Tage sollst du ruhen. Nach zwei Wochen mit insgesamt 36 Vorrundenspielen und täglich mindestens zwei Begegnungen zogen die Veranstalter der EM in Frankreich am Donnerstag erstmals den Stecker. Ruhetag. Kein Spiel. Nicht ein einziges. Nichts. Niente. Nothing. Für Millionen Männer war das nach der geballten Dosis Fußball in den vergangenen Tagen nichts anderes als kalter Entzug. Verbunden mit der Frage, ob man einen lauen Sommerabend mit Temperaturen nahe der 30 Grad tatsächlich auch für was anderes nutzen kann als eine fußballerische TV-Orgie im heimischen Wohnzimmer. Beispielsweise für einen Sprung in einen der schönen Weiher, die unser Landkreis so bieten hat. Oder einen Abstecher in den nächsten Biergarten.

Nach längerem Überlegen wird der eine oder andere zu der Erkenntnis gelangen: Ja, das kann man schon so machen - wenn man das Kicker-Sonderheft zur EM im Gepäck hat, um die potenziellen Aufstellungen für die kommenden Partie zu checken und sicherheitshalber das Smartphone in Griffnähe platziert, weil es nicht schaden kann, in der Mediathek sich noch einmal die interessantesten Szenen der Vorrunde zu Gemüte zu führen und über den tieferen Sinn der Spielanalysen von Torwart-Titan Oliver Kahn zu philosophieren. Und wenn der heutige, ebenfalls spielfreie Freitag (auch am 15. Tage sollst du ruhen) vorbei ist, dann geht es ja Gott sei Dank bei der EM auch schon wieder mit den K.o.-Spielen weiter. Denn so kann's ja auch nicht weiter gehen. Also in aller Freundschaft.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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