Mitten im Tierreich:Nachruf auf eine Libelle

Über das letzte männliche Breitmaulnashorn berichteten alle Zeitungen. Heimische Insekten sind weniger spektakulär

Kolumne von Walter Gierlich

Manche Tierarten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich vermehrt: Kühe, Schweine oder Hühner, die weltweit zunehmend in gigantischen Stallgebäuden auf engstem Raum leben müssen. Bei den meisten wild lebenden Säugetieren, Vögeln und Insekten ist hingegen seit langem ein drastischer Schwund zu beobachten. Selbst Haussperlinge, vulgo Spatzen, sind hierzulande zu einer Rarität geworden, von Hummeln und Schmetterlingen ganz zu schweigen.

Doch selten wird einem das baldige Aussterben einer Tierart so plastisch vor Augen geführt wie in dieser Nachricht: Das letzte männliche Exemplar des "Nördlichen Breitmaulnashorns" ist in Kenia gestorben. Lediglich zwei weibliche Geschöpfe dieser Spezies gibt es noch. Eine wirklich traurige Meldung, die es erstaunlicherweise Tausende Kilometer entfernt in die Nachrichten geschafft hat. Aber es war halt ein beeindruckendes Geschöpf mit mehreren Tonnen Gewicht und imposantem Horn auf dem Kopf.

Keiner Meldung wert - außer vielleicht in zoologischen Fachzeitschriften - ist wiederum das Dahinscheiden einzelner Insektenarten. Eine tagesaktuelle Nachricht darüber gibt es schon gar nicht. Und so wird man möglicherweise erst mit großer Verspätung erfahren, wenn dereinst nach dem Bau von Umfahrungen oder der Ausweitung von Gewerbegebieten etwa die letzte Helmazurjungfer verschwunden sein wird, weil der Lebensraum dieser unter strengem europäischem Schutz stehenden Libelle zerstört wurde. Übrigens: Auch das "Nördliche Breitmaulnashorn" war streng geschützt - auf dem Papier.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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