Mitten im Landkreis:Grüne und rote Invasoren

Lesezeit: 2 min

Der Landkreis ist einer Invasion ausgesetzt. Die Invasoren haben keine richtigen Körper und kennen auch nur zwei Gesichtsausdrücke - bei Autofahrern sorgen sie für gemischte Gefühle

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Der Landkreis ist einer Invasion ausgesetzt. Die Invasoren haben keine richtigen Körper und können auch nur zwei Gefühlsregungen ausdrücken: Enttäuschung und Freude. Im ersten Fall läuft ihr Gesicht rot an, im anderen Fall grün. Sie stehen mittlerweile in so gut wie jeder Ortschaft an den Straßenrändern und sollen an das Gewissen der Verkehrsteilnehmer appellieren: Geschwindigkeitsanzeigetafeln.

Der Sinn der Geräte: den meisten Verkehrsteilnehmern sei gar nicht bewusst, wie schnell sie fahren. Insbesondere an Kindertagesstätten, Schulen und Krankenhäusern stelle überhöhte Geschwindigkeit ein enormes Gefahrenpotenzial dar. Mit einer Geschwindigkeitsanzeige beziehungsweise einem Display lasse sich "präventiv die Verkehrssicherheit steigern". Zu schnelles Fahren wird mit einem traurigen Gesicht (Sadly) gestraft, das Einhalten des Tempolimits wird hingegen mit einem Smiley belohnt.

So weit, so gut. Aber wo stehen die Dinger? Kindertagesstätten, Schulen und Krankenhäuser? Beispiel Fraunberg. Aus Richtung Reichenkirchen kommend ein paar Meter nur hinter dem Ortsschild. Die Folge: Da die Anlage etliche Meter vorher schon das Tempo misst (bis zu 150 Meter je nach Typ), leuchtet bei fast jedem Autofahrer eine rote Zahl auf - meistens mit einer 7 oder 8 beginnend. So mancher entwickelt dann plötzlich den Ehrgeiz innerhalb von wenigen Metern von 100 auf 50 Stundenkilometer abzubremsen. Was dann zu einer Kettenreaktion nach hinten heraus führt.

Anderes Beispiel. In Reichenkirchen stehen zwei Geräte. Diesmal aber jeweils rund 100 Meter nach dem Ortsschild - womit nur noch Tempo 50 erlaubt ist. Ortskundige sind früher schon gerne an den Stellen vorschriftsmäßig unterwegs gewesen, sonst gab es vielleicht eine ungewolltes Fotos von einem am Steuer. Heute werden die Geräte gerne als Anreiz genommen, um möglichst exakt Tempo 50 bis zur Messung zu fahren. 48-50 Stundenkilometer darf man ruhig als Touch Down bezeichnen, darunter ist zwar messtechnisch auch okay, aber eine sogenannte Zielverfehlung. Und ein Smiley ist Pflicht.

Eine andere Herausforderung hat sich die Stadt Erding offenbar auf die Fahnen geschrieben mit ihrer monströsen Geschwindigkeitsanzeigetafel an der Dorfener Straße kurz nach dem Kreisverkehr mit der Landshuter Straße vor dem Schönen Turm. Ein Smiley zu bekommen ist an der Stelle keine Herausforderung. Entweder, weil man eh nicht weit nach dem Kreisverkehr stadteinwärts kommt, da Autos vor der Engstelle Schöner Turm stehen oder jemand am Zebrastreifen über die Straße geht, oder weil man nicht genügend PS unter der Motorhaube hat, um Tempo 50 zu überschreiten. Aber probieren kann man es ja mal, wenn die Strecke für ein Beschleunigungsrennen frei ist . . .

© SZ vom 11.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: