Mitten im Landkreis:Essen kommt gleich

Die böse Vorahnung wurde zur Gewissheit beim Blick aus dem Küchenfenster. Vor dem Haus stand: niemand

Von Regina Bluhme

Vor Weihnachten liegen Werbeprospekte ja kiloweise im Briefkasten herum. Inmitten der Topangebote für Pfannensets und Christbaumschmuck befand sich auch die Speisekarte eines neu eröffneten asiatischen Lokals, das darin seinen Lieferservice anpries. Draußen war es kalt und dunkel, also schnell angerufen und Gericht Nummer 14 bestellt sowie Telefonnummer und Adresse genannt. "Okay. Hausnummer 2", bestätigte die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung. "Nein, 20", wandten wir ein. "Ja: 2". "Nein, Hausnummer 20". Kurze Pause. "2?" "ZWANZIG!" Pause. "Das Essen kommt gleich. Viertelstunde." Aufgelegt.

Mit einem etwas unguten Gefühl warteten wir auf die Bestellung. Nach 45 Minuten klingelte das Telefon. "Essen ist da!" verkündete der Kurier. Aber warum läutete er nicht an der Tür? Die böse Vorahnung wurde zur Gewissheit beim Blick aus dem Küchenfenster. Vor dem Haus stand: niemand. Jetzt war wirklich keine Zeit zu verlieren. Hinein in Schuhe und Jacke, hinaus vors Haus, rauf aufs Rad und durch den eisigen Wind die Straße hinunter gesaust. Etwas außer Puste begrüßten wir den Mann mit der Warmhaltebox. Er lächelte freundlich, aber zurückhaltend. Schließlich stand er ja schon eine ganze Weile herum in der Kälte, vor Hausnummer 2.

Zügig wurde das Geschäft auf der Straße abgewickelt und dann nichts wie nach Hause mit der inzwischen mäßig heißen Ware. Auf dem Tisch lag noch immer die Broschüre des Lokals. Erst jetzt bemerkten wir den winzigen Schriftzug am unteren Rand, der ein wenig vor unseren tränenden Augen verschwamm: "10 Prozent Rabatt bei Selbstabholung".

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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