Mittelstandsunion Erding:Mehr Mut zu mehr Profil

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Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz moderierte den Abend bei der Mittelstandsunion. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz moderierte den Abend. LMU-Professor Niklas Potrafke riet den großen Parteien dazu, sich wieder stärker voneinander abzusetzen.

Von Antonia Steiger, Erding

Restlose Begeisterung ist etwas anderes: Was die Mitglieder der Mittelstandsunion Erding und Ebersberg bei ihrem wirtschaftspolitischen Abend mit dem LMU-Professor Niklas Potrafke zu hören bekamen, hat nicht allen gefallen, wahrscheinlich gar keinem. Potrafke ging der Frage nach, welche Rolle die Parteien in der Wirtschaftspolitik spielen. Eigentlich keine, so lautete sein Ergebnis, vor allem nicht in der Bundespolitik. Ob SPD- oder Unions-geführte Regierungen: Im langjährigen Mittel zeigen sich kaum Unterschiede bei Parametern wie Arbeitslosenquote, Steuerquote oder Bruttoinlandsprodukt. Potrafke gab den großen Parteien den Rat, sich stärker voneinander abzugrenzen. Ein Beispiel wären die Studiengebühren gewesen. Aber da habe die CSU ja wohl "die Hose voll gehabt".

Die Landespolitik, so machte Potrafke im Saal der Gaststätte Erdinger Weißbräu klar, habe ohnehin nicht viele Möglichkeiten, den Haushalt mit eigenen Entscheidungen zu beeinflussen. Zu viel sei durch die Bundespolitik geregelt. Wie hoch der Anteil am Budget des 2300 einzelne Posten umfassenden bayerischen Haushalts mit einem Umfang von 50 Milliarden Euro ist, über den der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) praktisch selbst entscheiden könne, das wisse "kein Mensch", auch nicht die Wissenschaftler, zu denen Potrafke selbst gehört. Er ist Leiter des Ifo-Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie. Geschätzt werde "irgendwas zwischen zehn und zwanzig Prozent".

Ein Beispiel, wo Landespolitik einen Unterschied machen konnte, waren jedoch die Studiengebühren, die das Bundesverfassungsgericht 2005 erlaubt hatte. Alle sieben CSU- und CDU-geführten Länderregierungen hätten sie eingeführt und keine einzige SPD-geführte Regierung. Es sei ein Paradebeispiel dafür, dass Parteizugehörigkeit manchmal eben doch eine Rolle spiele. Nach Regierungswechseln seien die Studiengebühren aber in den Ländern nach und nach wieder abgeschafft worden, bis es sie im Jahr 2012 nur noch in Niedersachsen und Bayern gegeben habe. Am Ende hätte aber auch die CSU "kalte Füße" bekommen aus Angst davor, dass sie nicht mehr gewählt werde. Und im Jahr 2014/2015 waren die Gebühren dann wieder überall abgeschafft. Potrafke machte keinen Hehl daraus, dass er selbst und mit ihm viele Ökonomen eine Lanze für Studiengebühren brechen wollten. Das Geld müsse aber an die Universitäten fließen, und außerdem seien die 500 Euro pro Semester viel zu niedrig. Er nannte amerikanische Beispiele: Mit 20 000 Dollar pro Jahr läge die Universität in San Diego in Kalifornien am unteren Rand. Ohne Studiengebühren verlören die deutschen Universitäten den Kampf um die besten Köpfe. Aber hier stieß Potrafke teilweise auf Widerspruch: Man habe gar nichts gemerkt von einer Verbesserung an den Universitäten, als Studiengebühren verlangt worden seien, sagte Helene Barth. Margit Niedermaier, Vertreterin der Unternehmerfrauen im Handwerk, hingegen findet Studiengebühren gut - aus Gründen der Gerechtigkeit. Die staatliche Finanzierung der Ausbildung an Universitäten und der an Berufsschulen klaffe weit auseinander. Die Regierungen ließen sich die Ausbildung an Berufsschulen viel weniger kosten, sie müssten dringend besser ausgestattet werden. Dass Bildung in Deutschland allen zugänglich sein müsse, betonte hingegen nicht nur der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz, der den Abend moderierte, sondern auch der Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger. Studiengebühren dürfen nicht zur Folge haben, "dass es Menschen nicht mehr möglich ist zu studieren". Nicht alles in den USA seien Beispiele für Best Practice, sagte Waxenberger.

Potrafke forderte die CSU dazu auf, sich stärker zu profilieren. So wie ein Rechtsruck der SPD unter Gerhard Schröder am linken Rand Platz für die Linke gemacht habe, öffne die von Angela Merkel geführte Union Raum am rechten Rand, zum Beispiel für die AfD. Damit müsse sich die Union auseinandersetzen. Menschen wollten Alternativen. Und wenn es egal sei, wer an der Regierung sei, dann sei dies "Wasser auf die Mühlen der Populisten". Es sei gefährlich, eine Politik der Mitte zu machen.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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