Milena Bugajska:Typen gesucht

Lesezeit: 4 min

Die 20-Jährige, die am liebsten Menschen malt, hat bereits zwei Mal den Ebersberger Jugendkulturpreis gewonnen. Ihr größter Traum ist ein Platz an der Kunstakademie

Von Anja Blum

Realismus ist nicht Bugajskas Ziel, vielmehr sucht sie das Besondere, den einen, speziellen Ausdruck. (Foto: Christian Endt)

Ist Milena Bugajska eine Besessene? Wahrscheinlich schon. Denn die 20-Jährige hat nur eines im Kopf: zeichnen, malen, irgendwie kreativ sein. Und das tut sie nicht nur gerne, sondern auch so gut, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, wenn sie ihre große schwarze Mappe öffnet. Wie aus einem Zauberkasten zieht sie Blatt um Blatt hervor, eins beeindruckender als das andere. Dazu erzählt die junge Frau aus Eglharting ausladend gestikulierend von all den Ideen, die sie immerzu umtreiben, die aus ihr herausfließen aufs Papier, auf Karton, oder was auch immer gerade zur Hand ist. "Oh, dieses Bild liebe ich!", ruft sie immer wieder aus. Doch nicht Arroganz bricht sich hier Bahn, sondern schlicht Energie und Begeisterung.

Bereits zwei Mal hat Milena Bugajska den Jugendkulturpreis des Ebersberger Kreisjugendrings gewonnen, 2015 und 2017 war das, und auch heuer will sie wieder daran teilnehmen. "Ein allerletztes Mal", sagt sie mit wehmütigem Blick, denn im nächsten Jahr wird sie die Altersgrenze des Wettbewerbs für junge Künstler überschritten haben. "Schöne neue Welt" lautet das Thema in diesem Herbst - wie Bugajska es umsetzen wird, weiß sie aber noch nicht genau. In ihrem Kopf scheinen sich zu viele Ideen den Rang abzulaufen. Doch das macht nichts, noch bis Mittwoch, 31. Oktober, können beim Kreisjugendring Kunstwerke aller Art zu einer - wie auch immer gearteten - "schönen neuen Welt" abgegeben werden. Fest steht indes schon jetzt, dass Bugajska diese Ebersberger Initiative vermissen wird. "So ein Wettbewerb animiert junge Menschen, kreativ zu sein, und ist für Leute wie mich eine tolle Möglichkeit, sich zu zeigen", sagt die junge Künstlerin. Das Preisgeld ist für sie Nebensache.

Denn Bugajska muss kämpfen für ihren Traum vom Künstlersein, den ersten Rückschlag hat sie trotz offensichtlich großer Begabung schon erlebt. Geboren und aufgewachsen in Polen, lebt Bugajska seit fünf Jahren mit ihrer Familie in Eglharting. Auf die Mittelschule in Ebersberg folgte zunächst eine schöne Zeit an der Fachoberschule (FOS)für Gestaltung in München. Künstlerisch habe sie hier viel Zuspruch und wichtige Impulse bekommen, erzählt sie, zum Beispiel habe sie die Animation als spannendes Medium für sich entdeckt, das Zeichnen am 3D-Pad. Ein Videoclip für den Song eines Freundes ist so entstanden. "Bild und Ton zusammen - das gefällt mir sehr", sagt die 20-Jährige und strahlt. Dass sie Szenenfolgen künstlerisch hervorragend umsetzen kann, hat sie bereits 2015 bewiesen, als sie den Jugendkulturpreis zum Thema "Glückskeks" mit einem Comic gewann.

Ebersberg zweimalige Gewinnerin Jugendkulturpreis, Melena Bugajska (Foto: Christian Endt)

Doch mit der anderen Seite der Schule, der Mathematik vor allem, stand Bugajska auf Kriegsfuß - "wie die meisten Künstler halt", sagt sie und lacht - das Fachabitur blieb ihr deshalb verwehrt. Ein Umstand, den die Münchner Kunstakademie nicht gerne gesehen habe. Sie wurde abgelehnt, trotz der Unterstützung eines engagierten FOS-Lehrers. "Es hieß, mein Talent sei nicht groß genug, um den fehlenden Abschluss auszugleichen." Deswegen hat sich die Eglhartingerin nun erst einmal auf ihre handwerklichen Fähigkeiten besonnen, derzeit macht sie eine Ausbildung in einem Ebersberger Dentallabor. An der Kunstakademie aber will sie es unbedingt noch einmal versuchen. "Das ist mein allergrößter Traum. Den werde ich nicht aufgeben."

Woher sie ihr Faible für die Kunst hat? "In meiner Familie sind eigentlich alle künstlerisch begabt, vor allem mein Vater, aber auch mein Bruder", sagt Bugajska. Insofern stoße ihre Leidenschaft für die oftmals brotlose Kunst daheim auf großes Verständnis. Doch Bugajska scheint ohnehin gar keine andere Wahl zu haben: Ständig müsse sie irgendetwas kritzeln, erzählt sie, selbst beim Putzen kämen ihr die tollsten Ideen, und oft setze sie sich einfach mit dem Skizzenbuch in die Bahn, um unbemerkt mit ein paar Strichen Porträt aufs Papier zu werfen. Menschen nämlich zeichnet sie besonders gerne, und zwar keine Schönheiten, sondern Typen. Realismus ist nicht Bugajskas Ziel, vielmehr sucht sie das Besondere, den einen, speziellen Ausdruck, der mehr sagt als tausend Worte. Oft findet sie diesen gerade im Hässlichen, Schrillen, Überzeichneten, auch die ein oder andere Karikatur hat die Eglhartingerin schon gefertigt. "Das ist meine ehemalige Lehrerin", sagt sie, kichert und deutet auf eine verkniffen-strenge alte Dame mit Brille, Hochsteckfrisur und Zigarettenspitze im Mundwinkel. "Nur rauchen tut sie eigentlich nicht."

1 / 3
(Foto: Christian Endt)
2 / 3
(Foto: Christian Endt)
3 / 3
(Foto: Christian Endt)

Auf eine künstlerische Richtung festgelegt aber hat sich Bugajska noch nicht. "Ich muss meinen eigenen Stil noch finden - und das ist ein weiter Weg", sagt sie. Die Bandbreite ihres Ausdrucks reicht vom kontrollierten Spiel mit kurzen Strichen über effektvolles Arbeiten mit Farbe bis hin zu dynamischen, spontan hingeworfenen Kompositionen. "Wie ich male, hängt auch sehr von der Musik ab, die ich nebenbei höre", erklärt die junge Künstlerin. Jazz oder Metal - das mache einen großen Unterschied. Auch beim Material ist sie nicht wählerisch: Bleistift, Farben aller Art, Kreide, Edding, alles ist ihr recht. In jüngster Zeit experimentiert sie auch gerne in Richtung Collage, aus Holz hat sie schon Lampen gestaltet.

In Bugajskas Mappe gibt es allerhand lustige Tiere, die glatt einem Kinderbuch entsprungen sein könnten, sie selbst spricht von einer ganzen "Katzenphase". Daneben feine Studien à la Da Vinci und ins Surreale reichende Porträts, zum Beispiel eine Frau mit zarten, strudelförmigen Linien auf der Haut, traurigem Schmollmund, megadicken Wimpern und überdimensionalem Afro auf dem Kopf. Oder eine Art griechischer Vogelgott - im lässigen T-Shirt. "Die meisten meiner Bilder entwickeln beim Malen ein Eigenleben", sagt sie. So manches Unfertiges ist auch darunter, "da haben sich dann meist Ideen für etwas Größeres daraus ergeben", erklärt Bugajska fast entschuldigend. Dabei hat ja auch das Unvollständige oftmals großen Reiz. Fest steht jedenfalls: Man darf auf ihren letzten Beitrag zum Ebersberger Jugendkulturpreis gespannt sein.

Noch bis Mittwoch, 31. Oktober, können Werke für den Jugendkulturpreis des Kreisjugendrings in Ebersberg, Bahnhofstraße 12, abgegeben werden. Das Thema lautet: "Schöne neue Welt". Mitmachen können Menschen zwischen sieben und 21 Jahren, auch Gruppenarbeiten sind zugelassen. Die Wahl des Mediums ist frei. Ausstellung mit Preisverleihung am Sonntag, 11. November, um 14 Uhr im Studio an der Rampe des Kunstvereins.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: