Mein Laden:Nur kein Dalmatiner

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Seit fast 18 Jahren betreibt Traudi von der Wehd nun schon das "Trachtenstüberl" im Heilig-Geist-Hof. (Foto: Renate Schmidt)

Traudi von der Wehd weiß, wie eine Tracht aussehen muss

Von Florentine kary

Traudi von der Wehd ärgert sich: Ausgerechnet heute hat sie kein Dirndl an. "Da muss ich später noch mal schnell nach Hause und mich umziehen, bevor die Fotografin kommt. Aber zum aufräumen und arbeiten ist die Tracht dann doch manchmal ein bisschen unpraktisch", sagt sie. Von der Wehd hat Trachten schon immer geliebt. Vor 35 Jahren zog sie aus Oberfranken nach Erding, seit fast 18 Jahren betreibt sie nun schon das "Trachtenstüberl" im Heilig-Geist-Hof. In dieser Zeit hat sie alle Trends und modischen Ausschweifungen der Tracht mitgemacht. Und stellt fest: "Ein klassisches Dirndl ist doch immer noch am schönsten."

Ein Blick in den kleinen Laden genügt und schon ist klar: Hier ist jemand mit Herzblut bei der Sache. An den Kleiderstangen hängen kurze und lange Dirndl, bunte und einfarbige, festliche und schlichte. Darüber bestickte Kissen, Ketten und Schlüsselanhänger aus Filz. "Deifiswaib" steht da, Teufelsweib, und andere bayerische Ausdrücke. Von der Wehds Tochter hat das selbst gestickt, das "Trachtenstüberl" ist beinahe ein kleines Familienunternehmen. Lederhosen findet man nur vereinzelt. Sie habe zwar welche, aber am besten sei es, wenn man sich im Laden ausmessen lasse und dann eine Krachlederne nach Maß bestelle. Dann liegen die Modelle, die nicht passen, auch nicht herum.

In ihren 18 Jahren hat von der Wehd schon fast alles gesehen, und das obwohl die Tracht erst in den letzten Jahren wieder modern geworden ist. Erst in ihrem fünften Jahr hat sie überhaupt mit Dirndln angefangen. Davor führte sie überwiegend Landhausmode. "Die Leute sind ja früher nur mit Jeans oder in Freizeitkleidung auf die Wiesn oder das Herbstfest gegangen" erklärt von der Wehd. Die Tracht, wie sie jetzt populär ist, kam viel später. Dann aber in allen möglichen Varianten. Von kurzen bis langen Dirndln gibt es fast alles. Die schlimmsten Trends, findet sie, sind Muster in Leoparden- oder noch schlimmer: Dalmatineroptik. Tracht ist kein Fasching, betont von der Wehd, die den Laden ganz alleine führt: "Fasching ist im Februar."

Die Kleider sind in diesem Jahr wieder schlichter als die Jahre zuvor, auch wenn ein Festtagsgewand freilich raffinierter ist als ein normales. Trotzdem gebe es weniger Schnickschnack, sagt von der Wehd. Am wichtigsten sei, dass man ein Dirndl mit Überzeugung trage. Die Expertin empfiehlt: Gerade stehen und eine gute Haltung einnehmen, das mache schon sehr viel aus.

Von der Wehd merkt schon, dass das Herbstfest vor der Tür steht, doch richtig stressig sei es gerade noch nicht. Anstrengend wird es erst, wenn Leute kommen, die ihr Gewand im letzten Augenblick noch ändern lassen wollen. Grundsätzlich sei das kein Problem, es ärgere sie nur, wenn Kunden kommen, die ihre Kleider woanders kaufen und sie in von der Wehds Geschäft umschneidern lassen möchten.

Sie spürt auch den immer härteren Konkurrenzkampf in Erding: Ein großes Unternehmen hat gleich zwei Filialen in der Nähe aufgemacht. Das sei für kleinere Geschäfte schwierig, sogar existenzbedrohend. "Man hat schon zu kämpfen", sagt sie. Und das, obwohl die großen Ketten nicht unbedingt günstiger sind. Für eine komplette Ausstattung zahlt man in von der Wehds Laden etwa 240 bis 250 Euro. Die Grenze nach oben ist offen. Aber so eine klassische, langlebige Tracht, findet Traudi von der Wehd, ist ja eine Investition fürs Leben.

© SZ vom 26.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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