Mediziner über Heuschnupfen:Es trifft neuerdings auch Ältere

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Für die einen ein Traum, für Allergiker ein Albtraum - eine Streuwiese am Wegesrand. (Foto: Christian Endt)

Der Allgemeinarzt Elmar Gerhardinger über Heuschnupfen und wie man Betroffenen helfen kann.

Interview von Jan-Hendrik Maier

Der Frühling webt schon in den Birken. Für Menschen mit einer Pollenallergie verheißt Fausts Feststellung wenig Gutes: Die Nase juckt, die Augen tränen, der Heuschnupfen ist da. Der Allgemeinarzt Elmar Gerhardinger erklärt die Symptome, was man gegen sie tun kann und welche Rolle Diesel dabei spielt.

SZ: Hat der Pollenflug in diesem Jahr früher als sonst begonnen?

Elmar Gerhardinger: Bei der ersten Schönwetter-Zeit Mitte März bis Anfang April sind schon die ersten Pollen geflogen. Bei dem kalten Wetter passiert jetzt naturgemäß nichts. Aber warten Sie, bis es ein paar Tage lang warm ist, dann geht es richtig los. Mit welchen Pollenarten ist derzeit zu rechnen?

Mit Frühblühern wie Haselnuss, Weide, Erle und Esche. Die Birke ist auch schon im Kommen. Wie reagieren Allergiker auf die für sie reizenden Pollen?

Das ist abhängig von der Intensität der allergischen Erkrankung. Es kommt zu Reizungen der Schleimhäute. Das fängt mit der Nasenschleimhaut und der Bindehaut der Augen an, die Betroffenen verspüren Jucken und Brennen. In schlimmeren Fällen kann auch die Bronchialschleimhaut betroffen sein und sich allergisches Asthma entwickeln. Sind die Pollen in diesem Jahr aggressiver?

Nein, aber die Pollen waren im März eben früher da. Im Vergleich zu den letzten zehn bis zwanzig Jahren hat sich die Situation allerdings verschärft, und zwar durch Umwelteinflüsse wie Dieselrußpartikel. Diese Teilchen sind kleiner als die Pollen und können mit ihnen verkleben, sodass die Pollen länger an den Schleimhäuten haften, was zu intensiveren Reizungen führt. Das ist aber keine Entwicklung, die erst im letzten Jahr aufgetreten wäre. Was empfehlen Sie Patienten, die mit akuten Symptomen zu Ihnen kommen?

Wenn sie zu mir kommen, haben die meisten ja schon Verschiedenes ausprobiert. Die Behandlung verläuft abgestuft, abhängig von der Schwere der Erkrankung, von der lokalen Therapie mit antiallergischen Nasenspray und Augentropfen bis hin zu innerlich wirkenden Medikamenten und bronchialerweiternden Sprays. Lässt sich der Kontakt im Alltag überhaupt vermeiden? Und was kann man tun, um sich zu schützen?

Bei einer Pollenallergie ist es schwieriger, sich zu schützen, als bei anderen Allergien. Man kann ja bei schönem Wetter nicht dauernd in geschlossenen Räumen sitzen. Eine gewisse Verringerung der Pollenbelastung erreicht man durch das Haarewaschen vor dem Schlafengehen. Die tagsüber getragene Kleidung sollte über Nacht nicht im Schlafzimmer aufbewahrt werden. Es kann auch helfen, einen Pollenfilter in die Klimaanlage im Auto einzubauen. Ansonsten muss man auf Regenwetter hoffen (lacht). Ist es für Betroffene sinnvoll, jetzt noch präventiv etwas zu unternehmen wie eine Hyposensibilisierung?

Nein, eine Hyposensibilisierung sollte man als Langzeittherapie sehen. Sie im akuten Zustand zu beginnen, ist aus medizinischer Sicht nicht sinnvoll. Der Organismus braucht Zeit, bis er umgestimmt ist. Eine solche Maßnahme sollte man auf den Herbst verlegen. Sind in den vergangenen Jahren mehr Heuschnupfenpatienten zu Ihnen gekommen?

Ja. Früher war Heuschnupfen eher eine Erkrankung der jungen Menschen. Es ist auffällig, dass immer mehr Menschen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren plötzlich eine Pollenallergie entwickeln. Warum? Es gibt in der Medizin auch Dinge, die sich nicht erklären lassen.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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