Marianne und Werner Folger:Sie bauen das Hospiz in Erding

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Das Ehepaar Werner und Marianne Folger hat zusammen mit Tochter Sofia die MWS-Stiftung ins Leben gerufen und damit den Bau des Hauses initiiert. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Ehepaar hat eine Stiftung für ein stationäres Hospiz in Erding gegründet. Jetzt sprechen die Freisinger über Bau und Finanzierung - und die Begleitung von Sterbenden.

Von Regina Bluhme, Erding

Marianne und Werner Folger sind seit 36 Jahren verheiratet, kennengelernt haben sie sich im Jurastudium. Marianne Folger, 62, arbeitet seit 15 Jahren ehrenamtlich als Hospizbegleiterin für die Hospizgruppe Freising, seit drei Jahren als Vorsitzende. Werner Folger, 65, engagiert sich in der familiengeführten Unternehmensholding Senata. Im vergangenen Jahr hat das Paar gemeinsam mit seiner Tochter Sofia die MWS-Hospizstiftung gegründet, die in Erding ein gemeinsames Hospiz für die Landkreise Erding und Freising errichtet. Mehrere Millionen Euro müssen dafür investiert werden. Wenn alles glatt läuft, könnte im Frühjahr Baubeginn sein. Wer sich mit dem Paar unterhält, merkt schnell: Die beiden sind ein eingespieltes Team.

SZ: Frau Folger, Herr Folger, Sie haben im vergangenen Jahr mit Ihrer Tochter Sofia die Hospiz-Stiftung gegründet. Was waren Ihre Beweggründe?

Marianne Folger: Es gibt eine hervorragende Betreuung für zuhause durch die Hospizvereine mit ihren ehrenamtlichen Begleitern und durch die ambulanten Palliativteams. Aber aus verschiedenen Gründen können Todkranke nicht immer daheim versorgt werden. Die nächstgelegenen Hospize sind in München, Ingolstadt oder Vilsbiburg. Leider gibt es selten freie Plätze.

Werner Folge r: Manchmal müssen daher unheilbar Kranke ihre letzten Tage in Pflegestationen von Seniorenheimen verbringen.

Marianne Folger: Das ist für die Mitbewohner und für das bereits mehr als ausgelastete Pflegepersonal kaum zu verkraften.

Sie sind beide der Freisinger Hospizgruppe seit Jahren eng verbunden, Sie leben und arbeiten in Freising. Warum hat dann Erding den Zuschlag bekommen?

Marianne Folger: Wir haben lange zusammen mit dem Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher nach einem passenden Grundstück gesucht. Er hat sich wirklich sehr engagiert. Aber es ist tatsächlich so, dass es einfach kein passendes Grundstück gab, das die entsprechenden Voraussetzungen für eine solche Einrichtung geboten hätte.

Die wären?

Marianne Folger: 3000 Quadratmeter sollte es haben, es soll gut erreichbar sein, auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Lage muss ruhig sein.

In Erding am Sternweg wurden Sie dann fündig.

Marianne Folger: Ja, es war ein Glücksfall, dass die Stadt dort ein Grundstück geerbt hat, und noch dazu in dieser wunderbaren Lage.

Werner Folger: Oberbürgermeister Max Gotz hat sich wahnsinnig eingesetzt, wirklich super. Der Bebauungsplan liegt nach nur wenigen Monaten demnächst dem Stadtrat zur Entscheidung vor. Das ging alles wahnsinnig schnell.

Wie haben denn die Freisinger auf die Entscheidung pro Erding reagiert?

Werner Folger: Wir haben schon ein paar Anrufe bekommen mit der Frage, warum das denn in Freising nicht geklappt hat. Aber Erding ist doch immer noch ein Stück näher als zum Beispiel eine Einrichtung in München.

Marianne Folger: Vielleicht hat das gemeinsame Hospiz ja auch die Wirkung, dass beide Städte, beide Landkreise, stärker zusammenwachsen. Das würden wir uns wünschen.

Wie ist im Moment Stand der Dinge in Erding?

Werner Folger: Im Moment finden auf dem Grundstück die archäologischen Grabungen statt. Wir hoffen, wir können mit dem Bau im Frühjahr starten und dann Ende 2020 eröffnen.

Die Kommunen könnten doch auch in Eigenregie ein Hospiz bauen. Warum haben Sie sich entschlossen, privat die Initiative zu ergreifen?

Werner Folger: Ganz einfach: Weil es dann viel schneller geht. Kommunen müssen ganz andere bürokratische Wege gehen. Das kann dauern.

Marianne Folger: Womöglich zu lange. Die Kassen haben ein bestimmtes Kontingent für Hospiz-Neubauten. Wenn das ausgeschöpft ist, dann ist es vorbei.

Wenn alles gut geht, dann starten im Frühjahr die Bauarbeiten. Und dann?

Werner Folger: Die Stiftung errichtet das Gebäude, dann wird mit einer Betreibergesellschaft in Form einer gemeinnützigen GmbH ein Pachtvertrag geschlossen. Wir wissen, dass die Krankenkassen circa 75 Prozent der konkret anfallenden Kosten für den Hospizbetrieb ersetzen. Das heißt, es bleibt immer ein Defizit von circa 25 Prozent, also ein paar hunderttausend Euro. Deshalb gehört unbedingt die Gründung eines Fördervereins dazu. Nach zwei bis drei Jahren sollte sich das Hospiz selber tragen - dank der Zuschüsse und Spenden vom Förderverein. Uns ist auch klar, dass die Stiftung sich dauerhaft engagieren muss.

Haben Sie schon eine Vorstellung, wer den Förderverein für das Hospiz leiten könnte?

Werner Folger: Also, das ist jetzt nur unsere Wunschvorstellung, konkrete Pläne gibt noch nicht: Als Vorsitzende stellen wir uns die Bürgermeister von Freising und Erding, Tobias Eschenbacher und Max Gotz, vor. Als Beisitzer hätten wir an die beiden Landräte Josef Hauner aus Freising und Martin Bayerstorfer aus Erding, gedacht. Und natürlich kann jeder Bürger Mitglied werden.

Noch mal zurück zur geplanten Betreibergesellschaft. Gibt es da auch schon Vorstellungen, was die Leitung betrifft?

Werner Folger: Nein, da gibt es noch keine Namen. Geplant ist, Mitte das Jahres mit der Personalsuche zu beginnen.

Marianne Folger: Was wir jetzt sagen können: Es wird einen Geschäftsführer geben, der die kaufmännische Leitung hat, und eine pflegerische Leitung durch eine Palliativ-Care-Kraft mit zusätzlichen Spezialausbildungen.

Das Haus ist mit zwölf Betten konzipiert und gilt damit als große Einrichtung.

Marianne Folger: Die beiden Landkreise sind eine wachsende Region, zusammen schaffen wir gerade ein Einzugsgebiet mit der vorgegebenen Mindest-Einwohnerzahl.

Im Plan des Architekten werden die Zimmer nicht als Wohnraum, sondern als "Gastraum" bezeichnet.

Marianne Folger: Die Menschen sollen sich hier nicht wie in einem Krankenhaus fühlten. Es soll alles so wohnlich wie möglich gestaltet sein.

Werner Folger: Man kann schon eher von Appartements sprechen, gut 26 Quadratmeter groß, mit je einer eigenen Küche und einem eigenen Bad, eigener Terrasse. Es ist schon ein aufwendiges Bauvorhaben. Man muss so vieles bedenken. Zum Beispiel brauchen wir ein großes Lager für die Medikamente unbedingt in der Nähe der Gastzimmer.

Marianne Folger: Das Gebäude ist in einem Halbbogen angelegt, alle Gasträume gehen zum Garten raus. Es gibt einen Raum der Stille und auch einen Abschiedsraum für die Angehörigen.

Haben Sie beide denn persönlich Angst vor dem Tod?

Marianne Folger: Ich glaube, mir geht es wie den meisten Menschen: Ich habe nicht Angst vor dem Tod, sondern vor den Schmerzen in der Zeit davor.

Werner Folger: Im Grunde wünscht sich jede: Umfallen und tot sein.

Marianne Folger: Ich sehe es so: Jeder stirbt seinen eigenen Tod. Der eine stirbt lieber im Kreise der Familie, der andere geht lieber allein, wenn die Angehörigen gerade aus dem Zimmer sind.

Frau Folger, wie begleitet man einen Menschen, der unheilbarerkrankt ist, in den Tod ?

Marianne Folger: Ich finde es immer wieder faszinierend, wie viel die Sterbenden am Ende des Lebens doch noch mitbekommen. Wie man mit einem Menschen, der sich nicht mehr verständigen kann, doch noch kommuniziert: Indem man ihn anspricht und streichelt. Oder den Mund ein wenig mit einem angefeuchteten Tupfer auswischt, der mit dem Lieblingsgetränk getränkt ist, zum Beispiel Milchkaffee.

Werner Folger: Gibt es denn auch was anderes?

Marianne Folger: Vielleicht Bier oder Rotwein. Es geht grundsätzlich darum, dem Sterbenden die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu machen.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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