Mai-Kundgebung im Mayr-Wirt:Weckruf an die Gesellschaft

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Der Mai-Redner Ludwig Würfl aus Moosburg fordert von den Gewerkschaften, noch energischer für mehr Gleichbehandlung einzutreten. Auch die Politik bekommt Hausaufgaben

Von Philipp Schmitt, Erding

"Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!", so lautete das Motto der gut besuchten DGB-Maikundgebung im Gasthaus Mayr-Wirt: "Wir sind in Erding und im Landkreis zwar auf dem richtigen Weg, doch es gibt noch viel zu tun", sagte Willi Scheib vom DGB-Kreisverband Erding-Freising. In Erding haben die Gewerkschaften eine lange Tradition. 2017 soll die 1917 erfolgte Gründung der Bäcker-Gewerkschaft gefeiert werden, der die Gründung von Gewerkschaften für Brauer und Bauleute folgten. Die Region hat sich seitdem enorm gewandelt, vor allem in den vergangenen zwanzig Jahren: Die Wirtschaft boomt, es gibt viele Arbeits- und Ausbildungsplätze. Doch der enorme Zuzug sorgt im Immobiliensektor aufgrund der hohen Nachfrage für Probleme. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) sprach an, wie wichtig ein fairer Interessensausgleich in der Region sei: "Wir müssen auf die Balance achten. Wir haben zwar viele Arbeitsplätze, aber eben auch einen enormen Zuzug, den wir bewältigen müssen."

Gotz würdigte die wichtige Rolle der Gewerkschaften, er bezeichnete das Streik- und Protestrecht als "hohes Gut", auch wenn die aktuellen Streiks der Lokführer nicht bei allen Fahrgäste auf Verständnis stießen. Gemeinsames Ziel von Kommunen und Gewerkschaften sei die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Die Region biete zwar Chancen, es müssten aber auch Herausforderungen gemeistert werden, damit die Infrastruktur dem Wachstum standhalte und Menschen in Not geholfen werden könne, sagte Gotz.

Der Moosburger DGB-Ortsvorsitzende Ludwig Würfl forderte eine kampfstarke Gewerkschaft mit aktiven Mitgliedern, die nicht nur Rechte verteidigen, sondern sich auch für die Umsetzung des Mindestlohns und eine Gleichstellung von Männern und Frauen, Leiharbeitern und Stammpersonal, verbeamteten und angestellten Lehrern einsetzen sollen. Mit den aktuellen Tarifabschlüssen könnten die Gewerkschaftler zufrieden sein, die Reallöhne zögen an, sagte Würfl. Die verbesserte Konsumlaune sei ein wichtiger Impuls für die Konjunktur. "Ohne die engagierte Arbeit vieler Personal- und Betriebsräte würde es für viele Arbeitnehmer schlechter aussehen." Würfel kritisierte aber "enorme Ungleichgewichte". Tarifauseinandersetzungen müssten noch energischer geführt werden.

Trotz steigendem Reichtum in Deutschland nimmt die Kinder- und die Altersarmut zu und das Rentenniveau bei erhöhten Renteneintrittsalter ab, was Würfl scharf kritisierte. Viele Arbeitnehmer könnten sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten. Beide Eltern müssten arbeiten, was zur Benachteiligung von Kindern führe, deren Eltern sich keine Hausaufgabenbetreuungen leisten können: "Wir brauchen mehr soziale Ausgeglichenheit", sagte Würfl. Er sah auch die Streiks des Betreuungspersonals in Kindertagesstätten als gerechtfertigt an, hier müsse als Wertschätzung der Arbeit beim Lohn "nachgelegt werden". Er forderte die Gewerkschaftsmitglieder auf, aktiv zu werden und sich für Änderungen zu engagieren. Die Politiker - im Gasthaus Mayr-Wirt waren außer Gotz auch der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer (CSU) und SPD-Gemeinde- und Kreisräte anwesend - forderte er auf, der nächsten Generation eine solide Basis zu hinterlassen. Scheib dankte Würfel für sein "enormes Engagement". Zum Abschluss sorgte die Kabarettistin Josefine Gartner mit einer amüsanten Showeinlage über Arbeit und das große Geld, dem Kursfeuerwerk des DAX, dem Burn-Out der Banken und Griechenlands für kluge und kritische Unterhaltung, bevor die Kundgebung mit dem traditionellen Gewerkschaftslied "Brüder zur Sonne, zur Freiheit" ausklang.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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