Borkenkäfer in Lauerstellung:Fichtenwälder sind gefährdet

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Abholzung wegen Borkenkäferbefalls ist üblich geworden. (Foto: Günther Reger)

Wettlauf gegen die Zeit: In den Fichtenwäldern wartet eine außergewöhnlich große Borkenkäferpopulation darauf, auszuschwärmen. Wenn die befallenen Stämme nicht bald entfernt werden, rechnen Experten mit massiven Schäden

Von Thomas Daller, Landkreis

2015 gab es in den Wäldern im Landkreis den schlimmsten Borkenkäferbefall seit zehn Jahren. Schuld war die Verkettung von zwei Ursachen: Orkan Niklas verursachte Ende März eine Vorschädigung insbesondere der Fichten durch Feinwurzelabrisse und die anhaltende Trockenheit im Juli und August begünstigte den Befall durch die Borkenkäfer weiter. Den Waldbesitzern könnte nun ein weiteres schwieriges Jahr bevor stehen: Weil eine große Käferpopulation im Wald überwintern konnte, würde ein trockenes Frühjahr reichen, um die Schäden von 2015 "noch mal zu toppen", befürchtet Stefan Warsönke, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Erding. "Viele Fichten sind noch geschädigt. Für die Käfer ist das ein gefundenes Fressen."

Für die Waldbesitzer beginnt nun ein Wettlauf gegen die Zeit: Sie müssen die befallenen Bäume vor Mitte, Ende April aus den Wäldern entfernen, weil dann die Schwärmzeit der Borkenkäfer beginnt. Sollte es nicht gelingen, die hohe Ausgangspopulation erheblich zu dezimieren, werden die Waldbauern ein weiteres Jahr in Folge erhebliche Schäden in Kauf nehmen müssen. Die Folgen von Orkan Niklas wirken sich elf Monate später immer noch aus. Wälder bei Isen und St. Wolfgang waren dabei am stärksten betroffen, weil dort der Sturm manche Fichten umgeworfen oder abgebrochen hatte. Weniger offensichtlich war ein weiterer Schaden: Der zwei Tage dauernde Orkan hatte die Fichten so lange hin- und hergeschaukelt, dass viele Feinwurzeln gerissen waren. Über diese Feinwurzeln nehmen die Bäume Wasser auf. Als dann im Sommer die große Hitze kam, gerieten die Bäume in Trockenstress. Das führte nicht zuletzt dazu, dass sie die Borkenkäfer, von denen sie angebohrt wurden, nicht mehr in ihrem Harz ertränken konnten. Deswegen konnten sich die Käfer ungehemmt vermehren.

Bei optimalen Bedingungen kann es in einem Jahr vier Generationen geben: Ein Weibchen kann 100 Nachkommen haben, daraus entwickeln sich in der nächsten Generation 10 000 Borkenkäfer und in der vierten Genration ist man schon bei einer Million. Und diese Millionen Borkenkäfer sitzen nun zwischen Stamm und Rinde in den Wäldern und werden allmählich flügge. "Durch die milde Witterung sind sie weit entwickelt", sagte Bereichsleiter Warsönke. Durch den warmen und nassen Winter seien zwar auch einige junge Borkenkäfer an Pilzbefall zugrunde gegangen, aber angesichts der hohen Ausgangspopulation falle das nicht besonders ins Gewicht: "Die Massenvermehrung kann man nicht verhindern."

Warsönke rät den Waldbesitzern, so viele befallene Fichten wie nur möglich bis zum Ausschwärmen der Käfer zu fällen und aus dem Wald zu entfernen. Denn die Stämme müssen mindestens 500 Meter vom nächsten Waldrand entfernt sein, damit die Borkenkäfer nicht dort erneut ansetzen können. Aber gerade das ist im Landkreis Erding schwierig, obwohl er der waldärmste Landkreis in Bayern ist. Denn es gibt hier nicht die großen zusammenhängenden Waldgebiete, dafür aber viele kleine, die verstreut sind. Das erschwert die Suche nach geeigneten Lagerplätzen mit entsprechenden Abständen nach allen Seiten. Dieser kleinteilige Waldbesitz ist jedoch kein Erdinger Spezifikum, sondern gerade im Privatwald die Regel. Die Besitzgrößen betragen dabei in Bayern durchschnittlich zwei Hektar. Darauf hat Forstminister Helmut Brunner am Montag hingewiesen, als er die "Initiative Zukunftswald Bayern" gestartet hat. Der von Experten erwartete deutliche Temperaturanstieg in den nächsten Jahrzehnten wird Brunner zufolge zu einer gravierenden Änderung der Wachstumsbedingungen für die Bäume führen. Insgesamt 260 000 Hektar Wald in Bayern müssen deshalb laut Brunner mit klimatoleranten Baumarten wie Tanne, Buche und anderen Laubbäumen angereichert werden. Nur so seien die Leistungen der Wälder für Rohstoffversorgung, Naturschutz und Erholung dauerhaft zu erhalten. Auf 50 000 Hektar sei das seit 2008 bereits gelungen. 100 000 Hektar hat Brunner als Ziel für 2020 ausgegeben.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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