Landkreis Erding im Schuldenatlas 2018:Die Zukunft sieht düster aus

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Die Überschuldungsquote im Landkreis sank zwar 2018 geringfügig auf 6,34 Prozent, aber Experten warnen, dass steigende Miet- und Energiekosten das Risiko, Kredite nicht mehr zahlen zu können, deutlich erhöhen werden

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Jeder zehnte Bürger (10,04 Prozent) in Deutschland ist nach einer Untersuchung der Wirtschaftsforschung Creditreform überschuldet und weist "nachhaltige Zahlungsstörungen" auf. Seit fünf Jahren hat die Zahl der Überschuldeten zugenommen. Die häufigste Ursache: der vielerorts rasante Anstieg der Mieten und Immobilienpreise. Auch die Altersarmut steigt nach dem "Schuldenatlas 2018". Im Landkreis Erding nahm zuletzt die Zahl der Menschen, die Probleme hatten, ihre Kredite zurück zu zahlen, seit 2014 kontinuierlich zu - von 6,15 auf 6,41 Prozent im vergangenen Jahr. Doch 2018 ging die Zahl zurück auf 6,34 Prozent. Unter allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten liegt Erding auf Platz 34. In der Region München sind nur Ebersberg (Platz 19/5,99 Prozent) und Dachau (28/6,17 Prozent) besser. Schlusslicht ist die Landeshauptstadt München mit einer Quote von 8,82 Prozent und Platz 160.

Dass auch im Landkreis Erding deshalb kein Grund zum Jubeln besteht, zeigen die Zahlen und Aussagen der Tafeln, Sozialverbände und Schuldnerberatung. Und auch die Wirtschaftsexperten von Creditreform warnen angesichts aktueller Entwicklungen. Die konjunkturellen Vorzeichen für die deutsche und globale Wirtschaft habe sich verschlechtert, merklich steigende Energie- und Mobilitätskosten würden zudem Wirtschaft und Verbraucher belasten. Der aktuelle Negativtrend in Wirtschaft und Konjunktur sei nur offensichtlich noch nicht bei den Verbrauchern angekommen ist.

Ein Grund, warum Erding recht gut beim Faktor Überschuldung abschneidet: der Arbeitsmarkt habe sich in den vergangenen zwölf Monaten weitgehend verlässlich positiv entwickelt. "Ein fester Arbeitsplatz bildet die wichtigste Grundlage, um das Überschuldungsrisiko bei den meisten Verbrauchern gering zu halten", heißt es im Überschuldungsatlas. Alles in allem müsse man aber davon auszugehen, dass die Überschuldungszahlen in Deutschland auch in der näheren Zukunft weiter steigen werden.

Hierfür spreche auch, dass das Preisniveau für Mietwohnungen und Eigenheime in den vergangenen Jahren vor allem in den Städten und Ballungszentren wie München deutlich zugenommen habe. Die so genannte "Mietbelastungsquote" vieler Verbraucher steige. Auch in Erding nimmt diese Quote stetig zu, wie der Mieterverein regelmäßig warnt, weil die Einkommen nicht im gleichen Maße wachsen. Nach einer Untersuchung des Internetportals Immowelt wurden 2016 noch in Erding Mietwohnungen zu einem unteren Kaltmietpreis von 7,50 Euro je Quadratmeter angeboten. Im Oktober 2018 waren es schon 8,93 Euro. Der Preisatlas des Internetportals Immobilienscout24 zeigt eine noch dramatischere Entwicklung: danach stiegen die Mietpreise im Landkreis seit 2014 um 20 Prozent und in der Großen Kreisstadt sogar um 21,5 Prozent.

Die Untersuchung warnte deshalb, dass der Mangel an Wohnraum, gemessen an den finanziellen Möglichkeiten der lokalen Bevölkerung, zu einem großen Problem werden könne. Die staatlichen Instrumente Wohngeld, finanzielle Förderung von Sozialwohnungen und die Mietpreisbremse, würden "nur begrenzt ihre Ziele erreichen". Dass die Mieten im Landkreis Erding steigen, zeigt auch ein Vergleich der Wohngeldzahlungen. 2016 hatten 966 Personen einen Zuschuss erhalten. Gesamtsumme: 861 444 Euro. Im Jahr darauf waren es nur noch 658 Berechtigte. Die Auszahlungssumme betrug aber 907 194 Euro.

Die Begleichung von Mietschulden hat für die meisten Personen höchste Priorität und taucht deshalb bei den Gründen für eine Überschuldung nicht ganz so häufig auf, da die Nichtzahlung von Mietkosten für den Mieter meist harte Folgen: Kündigung. Auch in Erding steigen die Obdachlosenzahlen. "Alleine im Landkreis Erding haben rund 6900 Menschen zwei oder sogar drei Jobs, um über die Runden zu kommen. Und der größte Ausgabenposten ist dabei die Miete", sagte Eva Kolenda, die Vorsitzende des Mietervereins bereits im April 2018.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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