Lagebericht:Die "besonderen Jahre" werden normal

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Erntepressefahrt 2020 (von links): Kreisobmann Jakob Maier, Georg jun. Eschbaumer, Hofhund Lilly, Kreisbäuerin Irmgard Posch, Anton Mitterer (AELF), Amtsleiter Otto Roski, stellvertretende Kreisbäuerin Lore Hermannsdorfer, Vize-Kreisobmann Michael Hamburger, Renate und Georg Eschbaumer. (Foto: Gerhard Wilhelm/oh)

Zu Beginn der Erntesaison lädt der Bauernverband zu einem Informationsgespräch ein. Die Erträge im Landkreis werden wohl heuer trotz wieder trockenem Winter gut ausfallen. Sorgen bereiten die weiter niedrigen Preise

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Eigentlich sind die Landwirte im Landkreis Erding mit den Ernteaussichten in diesem Jahr zufrieden. Die Erträge sind gut bis sehr gut, obwohl es wie fast in jedem Jahr zu wenig geregnet hat, der Juni hatte aber für einen gewissen Ausgleich gesorgt. Eigentlich, weil es zwei Punkte gibt, die doch Sorgen bereiten: zum einen die weiterhin niedrigen Preise und zum anderen der Kartoffelmarkt, der mit Corona zusammen gebrochen ist. Der Kartoffelanbau ist laut dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Erding nach wie vor eine wichtige Ackerkultur in der Region. Mit einer Fläche von 1579 Hektar kommt er aber bei weitem nicht an die Flächen von Mais (19 188 Hektar) und Getreide (18 266 Hektar) heran.

Der Lagebericht des Bayerischen Bauernverbands zur Erntesituation im Landkreis Erding in diesem Jahr fand auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Georg Eschbaumer in Notzing statt. Ein Familienbetrieb, der nach Aussage von Kreisobmann Jakob Maier exemplarisch für die Entwicklung der Landwirtschaft in der Gemeinde Oberding und dem Strukturwandel in der Landwirtschaft stehe. Eschbaumer habe keine Viehhaltung mehr, sondern betreibe überwiegend Gemüseanbau und sei auch Direktvermarkter. Hier habe der Flughafen München den Strukturwandel schon viel früher eingeläutet und man sei zum Beispiel auf den Kartoffelanbau und Sonderkulturen ausgewichen. "Es läuft ganz gut", sagt Georg Eschbaumer, der auf 50 Hektar anbaut. Sehr gut sogar laufe sein Hofladen und der Direktverkauf auf dem Markt. Es gibt seit der Corona-Pandemie einen regelrechten Run auf die Hofläden, bestätigt auch Kreisobmann Maier. "Wir hoffen, dass der Hype so bleibt. Denn das ist genau das, was wir haben wollen: dass Lebensmittel mehr wertgeschätzt werden".

Maier hatte noch Anfang Juni zum Thema Ernteaussichten gesagt: "Der Regen hat zu einer Entspannung, aber nicht zu einer Entwarnung geführt" - dann setzte der Regen ein. Anton Mitterer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sagt zu 2020: "Jedes Jahr ist ein besonderes Jahr, und dieses Jahr ist ein ganz besonderes Jahr." Mittlerweile gebe es kein normales Durchschnittsjahr mehr, die Landwirte würden den Klimawandel am stärksten spüren. In diesem Jahr habe es wieder im Winter weniger Niederschläge gegeben, in den vergangenen zehn Monaten sei man im langjährigen Vergleich rund 20 Liter auf dem Quadratmeter im Minus - obwohl der Juni 50 bis 60 Liter mehr als normal gebracht habe. Zudem sei es deutlich wärmer gewesen. "Plus ein Grad." Dabei könne man keine pauschalen Aussagen für den Landkreis treffen, "da es viele, kleine lokale Niederschläge gibt". Trotzdem würden die Bestände gut sein. Bei der Wintergerste habe die Ernte begonnen, und die Ergebnisse seien "nicht schlecht".

Einen deutlichen Rückgang habe es beim Raps gegeben. Zum einen durch Frostschäden und vor allem durch den hohen Schädlingsbefall, dessen Ursache im Wegfall wichtiger chemischer Pflanzenschutzmittel zu suchen sei. Mit knapp 24 Prozent der gesamten Ackerbaufläche von 58 979 Hektar haben sich dafür die Grünlandflächen stabilisiert, sagt Mitterer. Dort habe man normale Erträge. Dafür setzt sich der Trend zu stärkeren Nutzung und damit dem Anbau einheimischer Eiweißquellen in der Fütterung fort. Spitzenreiter ist die Sojabohne mit 675 Hektar.

Von der Wärme und der Nässe profitiere derzeit der Mais. Er schieße regelrecht in die Höhe, 20 bis 25 Zentimeter am Tag. Die größte Einzelkulturfläche im Landkreis komme mit den neuen klimatischen Bedingungen zurecht und könne in geringer Zeit sehr viel Biomasse produzieren, sagt Mitterer. Schade sei, dass Mais so einen negativen Touch habe. Dabei brauche Mais weniger Dünger als Weizen und ein Hektar binde mehr CO₂ und erzeuge mehr Sauerstoff als ein Hektar Wald.

© SZ vom 08.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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