Angefangen, sagt Sigrid Réssy, habe alles mit einem Puzzle. Für ihre drei Kinder hat Réssy Holzpuzzles gemacht, große Spanplatten bemalt, geschliffen und mit einer Laubsäge in Puzzleteile zersägt. Den Kindern hat das gefallen, und Réssy auch, sie hat ein Geschäft draus gemacht: Die Puzzle wurden immer aufwendiger, immer schöner gestaltet und mit bis zu 300 von Hand ausgeschnittenen Teilen auch immer schwieriger - "und nicht billig", wie Réssy lacht.
Die Puzzle spielen heute keine so große Rolle mehr in ihrem Leben, Sigrid Réssy hat ihnen aber zu verdanken, dass sie sich heute als freischaffende Künstlerin der Malerei widmet. Früher hat sie die Puzzle bemalt, heute sind es Leinwände. Natürlich hat sich über die Jahre hinweg der Stil geändert, Kinderzeichnungen wie am Anfang findet man schon lange nicht mehr auf ihren Bildern.
Sigrid Réssy ist eine von den vielen Künstlerinnen und Künstler im Landkreis, die eher im Stillen ihrer Passion nachgehen, immer mal wieder ein Bild verkaufen und sie ausstellt. Réssy aber ist jetzt vergleichsweise unverhofft in den Fokus der Künstler-Community im Landkreis Erding gerückt: Seit dem 20. Januar ist die Taufkirchnerin neue erste Vorsitzende des Erdinger Kunstvereins, mit knapp 165 Mitgliedern der größte seiner Art in Erding. Réssy ist jetzt sozusagen die oberste Künstlerin des Landkreises und folgt auf Dirk auf dem Hövel, der dem Verein in dem vergangenen sechs Jahren vorgestanden war. Dass die Wahl der Mitglieder auf Réssy gefallen ist, ist eine Überraschung. Denn sie ist noch nicht lange Mitglied im Verein, erst drei Jahre. "Ich habe wirklich schnell Karriere gemacht", lacht die 48-Jährige. Aber offenbar war das so gewollt: Der neue Vorstand besteht aus zwei eher neuen sowie drei alten Mitglieder, die schon lange im Kunstverein dabei sind, "alte Hasen", wie Réssy sagt: Peter Breth zum Beispiel, der der zweite Vorsitzende ist, und Albin Zauner, er ist der dritte. "Eine gute Mischung", wie Réssy, die nun drei Jahre Vorsitzende bleiben wird, sagt.
Geboren ist Sigrid Réssy in Straubing, später im Leben hat es sie zuerst nach Dorfen, dann nach Taufkirchen verschlagen, wo sie heute mit ihrem Mann wohnt. Auch ihr Atelier hat sie sich dort eingerichtet, wo sie, wie sie sagt, am liebsten, abends und nachts arbeitet. "Da kann ich mich am besten konzentrieren." Ausdrucksstark malt sie, farbig und oft abstrakt. Sie hat sich von der reinen Punkttechnik zu Strichen vorgemalt. Ihre Motive: "Portraits, Stadtbilder, Landschaften", sagt Réssy.
Ein, zwei Bilder in der Woche hat sie früher geschafft, aber das ist derzeit schwer möglich, es bleibt einfach keine Zeit. Réssy muss nämlich oft nach München. Sie bildet sich dort in einer privaten Akademie fort, in der Wandmalerei gelehrt wird. "Das Handwerkszeug zu beherrschen", sagt Réssy, "bedeutet mir viel. Erst wer realistisch malen kann, kann auch abstrakt malen." Im Mai beendet sie die Akademie mit einer Abschlussarbeit.
Bis dahin wird sich auch ihre neue Beschäftigung beim Kunstverein eingespielt haben. Noch ist der neue Vorstand in der Findungsphase: Man hat sich einmal getroffen und die kommenden Ausstellungen besprochen. Der Rest muss sich noch finden. Ein großes Projekt der kommenden Jahre wird wohl der Umzug des Kunstvereins vom Sonic in das dann sanierte Haus Am Rätschenbach 12, wo der Verein in Zukunft unter dem Dach eine fest Bleibe finden soll.
Und in eine andere ungewohnte Rolle wird die neue Vorsitzende in Zukunft auch schlüpfen müssen: Bei der Auswahl der Bilder für die Mitgliederausstellungen sitzt auch die Vorsitzende mit in der Jury - ein verantwortungsvoller Job. Aber Sigrid Réssy nimmt auch das mit einem Lachen: "Angst habe ich davor nicht."