Kunst an der Freisinger Brücke:Begehrte Köpfe

Lesezeit: 2 min

Zwei Steinreliefs an der Freisinger Brücke sollen vor dem Abriss geschützt werden. Das ist nicht einfach: sie sind bereits beschädigt und es gibt mehrere Interessenten

Von Sophia Neukirchner, Erding

Der Kopf seiner Großmutter ziert seit fast 100 Jahren die Fehlbachbrücke, die im Sommer abgerissen werden soll, dessen ist sich Benedikt Beierl aus Altham bei Erding sicher. Der 74-jährige Landwirt habe zwar erst vor gut zehn Jahren davon erfahren, dass seine Großmutter um 1923 für eines der Steinreliefs, die zu beiden Seiten der heutigen Brücke installiert sind, Modell gestanden haben soll. Als er vom geplanten Abriss der Brücke erfuhr, war für ihn aber sofort klar: Der Kopf muss erhalten werden.

Nachdem 1920 ein verheerendes Hochwasser die Brücke an der Freisinger Straße zerstört hatte, wurde sie 1923 in der heutigen Form wieder aufgebaut. Der Erdinger Bildhauer Max Westner fertigte in diesem Zuge zwei etwa vierzig Zentimeter große Halbreliefs, die mittig zu beiden Seiten der Steinbrücke installiert wurden. Seitdem schaut der Kopf eines Mannes an der Südseite fehlbachaufwärts, der Kopf einer Frau an der Nordseite fehlbachabwärts.

Dass es sich bei dem männlichen Kopf um den Glockengießermeister Anton Josef Bachmair handelt, der von 1851 bis 1925 in Erding gelebt hat, darin sind sich alle einig. Dessen Glockengießerei befand sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg am Herzoggraben 4, direkt südlich der Brücke. Der Kopf Bachmairs, der umrahmt ist von seinen typischen Werkzeugen - Zange und Hammer - schaut also auf seine alte Werkstatt. In Unterlagen, die dem Stadtbauamt vorliegen, wird vermutet, dass es sich bei dem Frauenkopf an der Nordseite der Brücke um Bachmairs Ehefrau handelt.

Landwirt Beierl hält dagegen: "Die Gesichtszüge meiner Großmutter stimmen mit denen des Reliefs überein." Die Großmutter Anna Beierl starb 1962 mit über 80 Jahren. Sie war die Tochter des Getreidehändlers Sebastian Hupfer senior und sei "eine hübsche Frau" gewesen, deshalb habe sie für das Relief Modell gestanden, glaubt Beierl zu wissen. Der pensionierte Erdinger Landschaftsarchitekt Sebastian Hupfer unterstützt die These: Sein Vater habe ihm immer erzählt, dass die Großtante Vorlage für den Steinkopf gewesen sei. Sie habe zur Zeit, als die Brücke gebaut wurde, in einem Haus der Familie Hupfer am Grieß nahe der Brücke gewohnt.

Beierl sagt, er habe seine Großmutter in guter Erinnerung behalten, deshalb möchte er das Steinrelief erhalten. Er sei bereit, die Kosten dafür zu tragen, "wenn es nicht zu teuer wird". Gern würde er den Kopf daheim an der eigenen Brücke anbringen. Ob das möglich ist, wird derzeit im Bauamt geprüft. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) habe sich gegenüber Beierls Wunsch, den Kopf zu erwerben, positiv geäußert, sagt Burkhardt Köppen (CSU), der das Anliegen im Januar dem Stadtrat vortrug. Im Stadtbauamt gibt es jedoch nach "erstem Augenschein" wenig Hoffnung, die Köpfe im Ganzen herausschneiden zu können. Zu beiden Seiten durchziehen Spannungsrisse die Reliefs. Eine Anfrage bei einem spezialisierten Betonschneider laufe aber noch, deshalb sind die Kosten für das Vorhaben auch noch offen. In jedem Fall seien sowohl der weibliche als auch der männliche Kopf erhaltenswert, darauf habe man sich "intern" bereits vor Beierls Anfrage geeinigt, heißt es im Stadtbauamt. Das Museum Erding etwa habe schon länger Interesse geäußert. Deshalb gehe man auf "Nummer sicher" und wolle in jedem Fall vor Beginn der Abbrucharbeiten einen Silikonabdruck der Köpfe gießen lassen.

Auch am Neubau der Fehlbachbrücke soll Kunst ihren Platz finden. Das Geländer wird nach bisherigen Entwürfen eine Lichtquelle enthalten und an der Westseite des Fußweges, wo die Krankenhausstraße in die Freisinger Straße einbiegt, soll ein "noch nicht konkretisiertes Denkmal" aufgestellt werden.

© SZ vom 02.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: