Kultur in der Schiaßn:Lieber Schnitzel und Knödel

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Kultur in der Schiaßn - Fun im Hunter? (Foto: Peter Bauersachs)

Die neuen Pächter der alten Schiaßn wollen zwar auch kulturelle Veranstaltungen anbieten, ihr Fokus liegt aber woanders. Denn nach wie vor gilt: Reine Kulturbetriebe haben es in Erding schwer.

Von Mathias Weber

Vor fast genau fünf Jahren war es, als mal wieder ein Hochkaräter auf der Bühne der Schiaßn am Erdinger Volksfestplatz stand. Der Kabarettist Christoph Süß, bekannt auf dem Bayerischen Fernsehen, trat damals auf; sein Auftritt sollte eigentlich der Auftakt zu einer goldenen Zeit der Kleinkunst in Erding werden. Denn an jenem Abend im April 2011 eröffneten der Erdinger Kulturschaffende Börni Sparakowski, der Künstler Harry Seeholzer und der Gastronom Uwe Pianka mit viel Freibier ihre neue Schiaßn. Sie waren die neuen Pächter des Veranstaltungsortes, der für viele Erdinger ein kleiner Sehnsuchtsort war. Zuvor war dort die Disco "Sunrise" untergebracht, noch früher tatsächlich eine Schießstätte. Die drei wollten den Erdingern hingegen "Kleinkunst, Musik und unterhaltsame, von der Kundschaft mitgestaltete Veranstaltungen" bieten, wie es damals in der Erdinger SZ hieß. Das hat auch ganz gut geklappt, wie sich Sparakowski heute erinnert: "Es hat ein wenig gedauert, bis die Schiaßn angenommen wurde", sagt Sparakowski, der auch die Sinnflut GmbH mit leitet. "Es ging beständig nach oben, das letzte Jahr war richtig gut." Dann hörten die drei aus persönlichen Gründen auf, der Nachfolger Matthias Stangier kümmerte sich nur wenig um die Kultur.

Heute, im April 2016, steht ein neuerlicher Pächterwechsel an, der Fokus ist aber ganz ein anderer. Ein möglicher Kulturbetrieb, so lassen sich die Aussagen der drei neuen Pächter Torsten Neumann, Sascha Radlspöck und Waldemar Moor deuten, werde zwar gerne mitgenommen; mindestens einmal in der Woche soll es kulturelle Veranstaltungen geben. Der Fokus liegt aber offensichtlich woanders: Auf dem Biergartenbetrieb im Sommer, auf der Gastronomie, und vor allem auf der Disco, die wiederbelebt werden soll; mit einer Ladys-Night am Donnerstag und Housemusik am Wochenende. Zur Neuausrichtung passt der neue Name: Aus der Schiaßn wird das "Hunter".

Kultur findet sich im Mietvertrag

Matthias Vögele, der Geschäftsführer der Fischers Stiftung, die die Schiaßn vermietet, sagte der Erdinger SZ, dass der Auftrag, kulturelle Veranstaltungen im Hunter anzubieten, im Mietvertrag auftaucht - er ist aber nicht verpflichtend. Vögele hatte sich in der Vergangenheit immer dahin gehend geäußert, dass ihm wichtig sei, dass am Schießfeld auch weiterhin die Kultur Zuhause sein solle. Er schränkte das aber auch ein: "Man muss auch drauf schauen, was den Erdingern gefällt", sagte er, und verglich die Situation mit der der Gastronomie; kein wirklich hochwertiges Lokal habe sich in der Vergangenheit in Erding halten können. Schnitzel und Knödel kommen einfach besser an.

Bei der Kultur ist das nicht anders: Noch 2011, als die Schiaßn neu eröffnete, gab es mehrere Spielstätten in der Stadt. Die Schiaßn, das Alte Kino und der Salon Duchesse, wo der Jazz eine Heimat hatte. Damals sagte Börnie Sparakowski: "Eigentlich sollte eine Stadt wie Erding schon mehrere Spielorte vertragen." Hat sie aber nicht: Alle drei Orte gibt es nicht mehr, lange hielt keiner durch. Kulturanbieter waren in den vergangenen vier Jahren nur noch die Stadthalle und die Sinnflut GmbH, die mit ihren Veranstaltungen aber nach dem Niedergang der Schiaßn auf andere Bühnen auswich. Sparakowski blickt heute, mit etwas Abstand, anders auf die Boom-Jahre der Kleinkunst in Erding zurück: "Für Erding war das zu viel", sagt er. Jetzt habe aber das Hunter die Möglichkeit, eine Marktlücke in Erding zu besetzten. Sparakowski gibt schon mal Tipps: "Man muss nichts überstürzen, man muss sich bekannt machen, Werbung machen." Alles müsse zusammenpassen: Die Gastronomie, das Angebot, und vor allem sollten die neuen Pächter Verlässlichkeit demonstrieren. Dann werde in diesem "Kleinod" auch die Kultur wieder funktionieren, glaubt Sparakowski.

Entgegen den Angaben der Pächter ist er aber nicht direkt in den Kulturbetrieb involviert. Man habe sich zwei Mal getroffen und gesprochen, und wenn Bedarf bestehe, werde man auch zusammenarbeiten. Einen ersten Testlauf wird es Mitte Mai geben: Der St. Prosper-Kabarettpreis - traditionell gut besucht - wird dann im Hunter vergeben. Und noch eine Erdinger Kultur-Institution wird in ans Schießfeld zurückkehren: Walter Riedel wird dort wieder an einem Freitag im Monat ein Jazz-Konzert veranstalten. Das erste wird am 25. Mai stattfinden. Bei schönem Wetter und bei Bedarf, sagt Riedel, könne man auch mal spontan im Biergarten spielen. "Sieht alles gar nicht schlecht aus", sagt er.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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